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Herzinfarkt: Symptome, Therapie, Folgen

Beim Herzinfarkt kommt es zu einem Verschluss einer oder mehrerer Koronararterien, die für die Versorgung des Herzmuskels mit Blut und Sauerstoff verantwortlich sind. Ohne diese wichtige Versorgungsgrundlage sterben Teile des Herzmuskelgewebes binnen kürzester Zeit ab, was im schlimmsten Falle eine totale Herzschwäche mit Kreislaufversagen und Tod zur Folge haben kann. Im folgenden Beitrag erfahren Sie alles Wichtige zum Herzinfarkt.

Ein Herzinfarkt kommt nicht aus dem Nichts

Obwohl der Herzinfarkt ein akutes Krankheitsereignis darstellt, das sich mit plötzlich auftretenden starken Beschwerden wie beispielsweise Brust-, Rücken- und Oberbauchschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Kaltschweißigkeit und Angst präsentieren kann, ist er doch Folge langjähriger degenerativer Veränderungen der Herzkranzgefäße. Diese Veränderungen an den Gefäßwänden (Arteriosklerose) entstehen durch die jahrelange Einwirkung bestimmter Risikofaktoren wie beispielsweise Rauchen, Übergewicht, Stress, Diabetes mellitus, Bluthochdruck sowie einer Erhöhung der Blutfettwerte.

Arteriosklerotisch veränderte Gefäße sind weitaus anfälliger für Verletzungen. Gefäßwandverletzungen wiederum können Blutplättchen aktivieren, die einen Koagel bilden, um die verletzte Stelle zu verschließen. Dieser eigentlich physiologische Prozess in den Herzkranzgefäßen kann zu einem plötzlichen Verschluss und damit zu einem Infarkt führen.

Schnelles Handeln ist gefragt

Bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute. Da das Herzgewebe nur wenige Stunden unter verminderter bzw. fehlender Sauerstoffzufuhr überleben kann und nicht regenerationsfähig ist, ist bei Verdacht auf einen Herzinfarkt der sofortige Kontakt zu einem Notarzt immer zwingend notwendig. Dieser leitet nach Diagnosestellung unverzüglich die Weiterbehandlung in einem geeigneten Krankenhaus ein, das in Deutschland in der Regel über ein Herzkatheterlabor verfügen muss.

Nach Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes im Akutkrankenhaus schließen sich in der Regel ein kurzer stationärer Krankenhausaufenthalt, während dem bereits mit der Frührehabilitation begonnen wird, sowie ein Aufenthalt in einer qualifizierten Rehabilitationsklinik an.

Doch auch nach Abschluss der Reha ist die Therapie des Herzinfarktes noch lange nicht abgeschlossen. In der Regel müssen ein Leben lang Medikamente eingenommen werden, um weitere Ereignisse zu verhindern. Weiterhin sollte eine Umstellung des Lebensstils beherzigt werden, in deren Mittelpunkt eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung an der frischen Luft, der konsequente Rauchverzicht sowie eine Reduktion von physischem und psychischem Stress stehen.

Wie entsteht ein Herzinfarkt?

In den allermeisten Fällen ist ein Herzinfarkt die Folge langjähriger degenerativer Veränderungen der Herzkranzgefäße (Arteriosklerose). Dabei lagern sich über Jahre oder Jahrzehnte hinweg Kalk oder Cholesterin an den Gefäßwänden ab und bilden dort sogenannte Plaques. Diese Plaques führen zum einen zu einer zunehmenden Verengung des Gefäßdurchmessers und zum anderen zu einer Instabilität und Brüchigkeit der Gefäßwand.

Ohne Blut kein Sauerstoff

Durch die Druck- und Scherkräfte des vorbeiströmenden Blutes können Plaques aufreißen oder sich von der Gefäßwand lösen. Geschieht dies, werden Blutplättchen aktiviert, die die Aufgabe haben, für einen schnellen Wundverschluss zu sorgen und an verletzten Gefäßen Gerinnsel (Thromben) auszubilden, um eine Blutung zu stoppen. In den Herzkranzgefäßen kann dies fatale Folgen haben. Ist das Gerinnsel besonders groß, kann es ein Gefäß auch vollkommen verstopfen und die der Engstelle nachgeschalteten Teile des Herzmuskels von der Durchblutung abschneiden. Erreicht kein Blut das Herzmuskelgewebe mehr, kommt es zu einem akuten Sauerstoffmangel, der zum Absterben des Herzmuskelgewebes führt – ein Herzinfarkt ist die Folge.

Die Versorgung des Herzens mit Blut und dem darin befindlichen Sauerstoff erfolgt hauptsächlich über drei große Herzkranzgefäße (Koronarien), die sich zur Herzspitze hin in immer kleiner werdende Äste verzweigen. Je nach dem, wo ein Gefäß von dem Verschluss betroffen ist, kommt es zu kleineren oder größeren Infarkten. Sehr große Infarkte können direkt zum Tode führen, während kleine Infarkte auch unbemerkt ablaufen können.

Ein vernarbtes Herz schlägt schlechter

Stirbt Herzmuskelgewebe unter akutem Sauerstoffmangel ab, wird es nach und nach durch nicht funktionstüchtiges Narbengewebe ersetzt, was zu einer Abnahme der Herzleistung führt. Bei sehr großen oder mehreren kleinen Narbenarealen kann das Herz so stark in seiner Funktion beeinträchtigt sein, dass eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) entsteht, die nicht heilbar ist und vielfach zu weiteren Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen, Schwindel und Wasseransammlungen in den Beinen oder der Lunge führen kann.

Ursachen und Risikofaktoren

In den meisten Fällen ist der oben beschriebene Mechanismus die Ursache eines Herzinfarktes. Ein arteriosklerotisches Plaque löst sich von der instabilen Gefäßwand oder reißt ein und wird von einem Gerinnsel besetzt, das zu einem Komplettverschluss des Gefäßes führt.

Selten: Embolie und Koronarspasmus

In selteneren Fällen kommt es jedoch auch vor, dass ein Blutgerinnsel von einem anderen Ort, beispielsweise aus den Beinen oder dem Herzen selbst, mit dem Blutstrom in die Koronarien verschleppt wird und ein gesundes Gefäß verschließt. In solchen Fällen wird von einer Embolie gesprochen.

Ebenfalls selten ist der Koronarspasmus, ein Krampf eines Herzkranzgefäßes, der kurzzeitig zu einer Unterbrechung des Blutflusses führt, sich in den meisten Fällen aber nach kurzer Zeit (Sekunden bis wenige Minuten) spontan wieder löst.

In der Regel ist ein Herzinfarkt Folge langjähriger Gefäßveränderungen, die durch einwirkende Faktoren auf die Gefäßwände hervorgerufen werden können. Manche dieser Risikofaktoren sind beeinfluss- und damit vermeidbar. Andere wiederum nicht, da sie eine genetische Komponente besitzen und damit erblich bedingt sind.

Faktor Lebensstil

Die wichtigsten Risikofaktoren, die durch eine gesunde Lebensweise sowie durch eine medikamentöse Therapie deutlich reduziert werden können, sind:

  • Rauchen
  • Übergewicht und Bewegungsmangel
  • fett- und kohlenhydratreiche Ernährung
  • psychischer oder physischer Stress
  • Bluthochdruck
  • erhöhte Blutfettwerte (vor allem Cholesterin und LDL)
  • erhöhte Blutzuckerwerte (Diabetes mellitus)

Was nicht in Ihrer Hand liegt

Erblich bedingte Risikofaktoren, die nicht beeinflussbar sind, sind unter anderem:

  • Alter (Männer über 55 Jahre, Frauen über 65 Jahre)
  • männliches Geschlecht
  • Verwandte ersten Grades (Eltern, Geschwister), die vor dem 60. Lebensjahr einen Herzinfarkt erlitten haben

Symptome

Ein akuter Herzinfarkt äußert sich in der Regel durch sehr plötzlich einsetzende Beschwerden. Diese treten, anders als man vermuten würde, meistens nicht während großer körperlicher oder seelischer Anspannung auf, sondern gehäuft in Ruhephasen, insbesondere in den frühen Morgenstunden.

Schmerzen wie noch nie

Das Leitsymptom ist dabei der Brustschmerz, der hinter dem Brustbein in Herzgegend lokalisiert ist und häufig als der stärkste jemals empfundene Schmerz beschrieben wird. Oftmals kommt es zudem zu einer Schmerzausstrahlung in den linken, seltener auch in den rechten Arm, in den Oberbauch, den Rücken oder in den Kieferwinkel.

Begleiterscheinungen, die bei einem Herzinfarkt häufig auftreten, sind:

  • Kaltschweißigkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Atemnot
  • Blässe
  • Unruhe
  • Todesangst

Ein Herzinfarkt kann viele Gesichter haben

Doch nicht jeder Herzinfarkt präsentiert sich durch eindeutige Beschwerden. Besonders bei Frauen kann sich ein akuter Koronarverschluss lediglich durch eher untypische Beschwerden wie Oberbauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Schwindel zeigen.

Bei einem langjährig bestehenden, schlecht eingestellten Diabetes mellitus kann ein Infarkt sogar ohne jegliche Schmerzsymptomatik vonstatten gehen. Diese sogenannten "stummen Infarkte" lassen sich durch eine Folgeerkrankung des Diabetes erklären: die sogenannte diabetische Neuropathie, die Nervenenden unsensibler für Schmerz-, Temperatur- und Vibrationsempfinden macht.

Da es in manchen Fällen kein sicheres Hinweiszeichen gibt, ob tatsächlich ein Infarkt stattgefunden hat oder nicht – rufen Sie im Zweifel immer den Notarzt oder die Feuerwehr. Denn: "Zeit ist Muskel." Nur wenn das Herzkranzgefäß rechtzeitig wieder geöffnet wird, hat das Herzmuskelgewebe eine Chance, zu überleben und sich vollständig zu regenerieren. Suchen Sie auch im Zweifel nicht Ihren Hausarzt auf, sondern wählen Sie die 112. So umgehen Sie kostbare Wartezeit und landen direkt in einer geeigneten Klinik, die Sie im Ernstfall auch interventionell versorgen kann.

Diagnose

Um die Diagnose Herzinfarkt zu stellen, bleibt in der Regel nur ein sehr kleines Zeitfenster. Zwar können alte Infarkte noch lange mit geeigneten diagnostischen Instrumenten nachgewiesen werden, doch sinkt von Stunde zu Stunde die Möglichkeit für eine suffiziente Therapie. Je später mit der Behandlung begonnen wird, desto weniger Herzmuskelgewebe kann erhalten werden.

Die richtigen Fragen

Zur Diagnosestellung wird Ihr behandelnde Arzt, der im Regelfall ein Notarzt oder seltener auch Ihr Hausarzt ist, Ihnen gezielte Fragen stellen, um die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Herzinfarktes einzuschätzen.

Wichtige Fragen sind unter anderem:

  • wie alt Sie sind
  • ob die Schmerzen in der Herzgegend abhängig von körperlicher Anstrengung sind
  • ob bereits eine Gefäßerkrankung bekannt ist
  • ob Sie selbst eine Herzerkrankung vermuten
  • ob sich die Schmerzen durch Druck auf die Brust verschlimmern

EKG und Labor schaffen Klarheit

Im Anschluss werden Blutdruck und Puls gemessen. Außerdem werden Herz und Lungen abgehört, um Herzgeräusche feststellen und die Kreislaufsituation einschätzen zu können.

Unverzüglich an die körperliche Untersuchung schließt sich die Aufzeichnung eines Elektrokardiogrammes (EKG) an. Dabei werden mithilfe auf den Brustkorb aufgeklebter Elektroden die elektrischen Herzströme gemessen. Diese zeigen im gesunden Zustand ein sehr charakteristisches Muster, das sich während eines Herzinfarktes in typischer Art und Weise ändert und damit Hinweise auf das Alter, die Größe und die Lokalisation des Infarktareals liefert.

Ein weiteres wichtiges Diagnosekriterium lässt sich anhand bestimmter Blutwerte feststellen. Beim Absterben von Herzmuskelgewebe werden bestimmte Eiweiße (Enzyme und Proteine) ins Blut freigesetzt, die dort normalerweise nicht vorhanden sind. Dazu zählen unter anderem die herzmuskelspezifischen Troponine T und I sowie die Creatinkinase (CK-MB). Vor allem Troponin steigt nach einem Infarkt früh im Blut an, erreicht nach etwa 12 Stunden seinen Höhepunkt und kann noch mehrere Tage nach dem Ereignis nachgewiesen werden. Der Nachweis von Troponin im Blut ist praktisch beweisend für die Diagnose Herzinfarkt, auch dann, wenn sich keine infarkttypischen Veränderungen im EKG finden lassen.

Mit dem Herzkatheter zum Ort des Geschehens

Konnten in EKG und Blut Hinweise für einen Herzinfarkt gefunden werden, muss schnellstmöglich eine Herzkatheteruntersuchung (Koronarangiographie) angeschlossen werden. Diese ermöglicht die röntgenologische Darstellung der Herzkranzgefäße und liefert Hinweise darüber, wo der Infarkt genau lokalisiert ist, wie groß er ist und welche Behandlungsmethode gewählt werden sollte, um möglichst viel Herzmuskelgewebe zu retten. Unter Umständen kann das Gefäß schon im Zuge der Untersuchung wieder eröffnet werden.

Behandlung

Das oberste Gebot der Herzinfarkttherapie ist, dass sie so zeitnah wie möglich eingeleitet wird. Denn jede Minute kann mehr irreparablen Schaden anrichten und zu zunehmend längeren Rehabilitationsphasen führen. Daher rufen Sie beim leisesten Verdacht, dass sich bei Ihnen oder einem Menschen in Ihrem Umfeld ein Infarkt ereignet hat, sofort den Notarzt.

1. Vor der Klinik

Die Zeitspanne vor Erreichen eines geeigneten Krankenhauses ist oftmals der entscheidende prognostische Faktor für den gesamten weiteren Verlauf sowie die Therapie des Herzinfarktes. Sobald Sie den Notarzt gerufen haben, kümmern Sie sich um die hilflose Person. Selbst wenn Sie wenig Erfahrung im Bereich der Medizin haben, gibt es doch einiges, was Sie tun können:

  • Sprechen Sie die betroffene Person an.
  • Prüfen Sie, ob sie atmet.
  • Helfen Sie bei einer bequemen Lagerung, am besten mit leicht erhöhtem Oberkörper.
  • Öffnen Sie enge Kleidungsstücke wie Krawatte, Jacke oder Hemd.
  • Bleiben Sie ruhig, und versuchen Sie auch, beruhigenden Einfluss auszuüben.

Auf den Ersthelfer vor Ort kommt es an

Sollte es zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand kommen (die betroffene Person ist dann nicht mehr ansprechbar, es lässt sich weder ein Puls fühlen noch eine Atmung feststellen), beginnen Sie ohne Zeitverzug mit der Herzdruckmassage. Falls Sie sich nicht mehr an den genauen Ablauf erinnern, knien Sie sich seitlich neben die betroffene Person, legen Sie die Hände übereinander und platzieren Sie den unten liegenden Handballen in der Mitte des Brustbeins. Strecken Sie die Arme durch, halten Sie den Rücken gerade und führen Sie in dieser Position Thoraxkompressionen durch.

Diese sollten am besten:

  • 5-6 cm tief sein (etwa ein Drittel der Thoraxbreite) und
  • in einer Frequenz von 100-120 Mal pro Minute erfolgen.

Sobald der Notarzt eintrifft, wird dieser die Führung übernehmen und Ihnen Hinweise geben, wie Sie weiter zu verfahren haben. Weiterhin organisiert der Arzt den Transport in eine geeignete Klinik, die nicht zu weit entfernt sein darf, aber dennoch mit einem Herzkatheterlabor ausgestattet sein sollte.

2. Akutversorgung im Krankenhaus

Bei der Diagnose Herzinfarkt ist eine Krankenhausaufnahme immer zwingend notwendig. In der Regel entscheiden Haus- oder Notarzt anhand von Distanz und Ausstattung der Klinik, welches Haus das geeignetste ist.

Wie auch immer: Das Blut muss wieder fließen

In der Klinik gibt es primär erst einmal nur ein Ziel: das verschlossene Herzkranzgefäß wiederzueröffnen und so möglichst viel Herzmuskelgewebe zu retten. Je nach dem, wie schnell die Klinik erreicht werden kann und wie groß das Infarktareal ist, gibt es zwei verschiedene therapeutische Ansätze:

  • Die primäre perkutane Koronarintervention (PCI) ist Mittel der ersten Wahl.
  • Als Alternative kann eine Lysetherapie durchgeführt werden.

Bei der PCI wird über die Leiste ein Stent kathetergeführt bis in die Herzkranzgefäße vorgeschoben und an die dortige Engstelle platziert. Der Katheter ist in der Regel mit einem Ballon ausgestattet, mit dem die Engstelle des Koronargefäßes zunächst geweitet wird, bevor ein Stent implantiert wird.

Ist eine PCI nicht möglich, muss eine Lysetherapie durchgeführt werden. Dabei werden bestimmte Medikamente über eine Vene (meist des Arms) verabreicht, die zu einer Auflösung des Blutgerinnsels in der Koronararterie führen sollen.

Welche Methode eingesetzt wird, entscheidet letztendlich vor allem der Faktor Zeit. Kann ein Herzkatheterlabor 90 Minuten nach Eintreffen des Notarztes erreicht werden bzw. liegt der Beschwerdebeginn nicht länger als 12 Stunden zurück, wird eine PCI durchgeführt. In allen anderen Fällen wird auf die Lysetherapie zurückgegriffen.

Intensivstation, Normalstation, Reha

Im Anschluss an eine erfolgreiche PCI oder Lysetherapie ist eine sehr gründliche und engmaschige Überwachung notwendig. Aus diesem Grund ist zunächst ein mehrtägiger Aufenthalt auf der Intensivstation (ITS) notwendig. Nur dort gibt es die geeigneten Geräte, um Blutdruck, Puls und Sauerstoffsättigung durchgehend zu beobachten und Komplikationen wie etwa Herzrhythmusstörungen oder gar Schockzustände frühzeitig erkennen und behandeln zu können.

Von der ITS erfolgt in der Regel eine Verlegung auf die internistische Normalstation, auf der bereits mit der Frührehabilitation begonnen werden kann. Weiterhin wird hier die orale Medikation eingestellt, die Sie teilweise bis an Ihr Lebensende eigenständig fortführen müssen. Insgesamt dauert der Krankenhausaufenthalt mehrere Tage bis Wochen an – je nach Schwere des Infarktgeschehens.

Nach der stationären Phase in einem Akutkrankenhaus schließt sich regelhaft eine Rehabilitationsbehandlung an, die zwei bis sechs Wochen andauert. Diese verfolgt mehrere Ziele. Zum einen soll Ihre körperliche Leistungsfähigkeit langsam wieder aufgebaut werden, und zum anderen geht es darum, einen erneuten Infarkt zu verhindern. Dies gelingt in der Regel nur durch eine Änderung des Lebensstils, durch den konsequenten Rauchverzicht, eine Umstellung der Ernährung und mehr Bewegung an der frischen Luft.

Was während der Reha meist leicht gelingt, ist im Alltag allerdings oft schwer umzusetzen, da sich alte Gewohnheiten schnell wieder einschleichen können und die guten Vorsätze mit der Verbesserung des Körpergefühls auch leicht wieder in Vergessenheit geraten.

3. Nach dem Infarkt

Nach Entlassung aus dem Krankenhaus und nach Abschluss der Rehabilitationsbehandlung ist die Therapie des Herzinfarktes aber nicht abgeschlossen. Ganz im Gegenteil – ab jetzt beginnt eine Phase, in der Sie selbst viel für Ihre Gesundheit tun müssen, um Folgeerscheinungen des Infarktes wie beispielsweise eine Herzinsuffizienz zu vermeiden, um Ihre alte Form zurückzuerlangen, aber auch, um neuerliche Herzereignisse zu vermeiden.

Die Behandlung des zurückliegenden Infarktes ist multimodal und stützt sich auf verschiedene Säulen. Dazu zählen unter anderem:

  • medikamentöse Therapie
  • Reduktion bestehender Risikofaktoren
  • Präventionsmaßnahmen weiterer Infarktereignisse

a) Medikamentöse Therapie

Die Nachbehandlung eines Herzinfarktes schließt eine medikamentöse Therapie immer ein. Die ausgewählten Medikamentenklassen richten sich zu Beginn der Behandlung danach, ob primär eine Stentsetzung oder eine Lysetherapie zur Beseitigung des Thrombus geführt hat und welche Art von Stent ggf. eingesetzt wurde. Weiterhin werden die Medikamente an die Herzleistung angepasst und danach ausgewählt, ob sie die Überlebenswahrscheinlichkeit nach einem Infarkt verbessern.

Blutverdünner

Die wohl wichtigste Medikamentenklasse zur Therapie des Herzinfarktes sind die Blutverdünner. Sie sorgen dafür, dass sich im Körper und insbesondere in den Herzkranzgefäßen keine neuen Thromben bilden, indem sie die Blutblättchen daran hindern, sich zu vernetzen (koagulieren).

Nach einem Infarkt werden Sie Acetylsalicylsäure, kurz ASS (Aspirin®, Godamed®, Herz-ASS®, Togal-ASS®, ASS-rathiopharm®) daher für Ihr gesamtes Leben lang einnehmen müssen. Kurz nach Einsetzen des Stents bekommen Sie zudem ein zweites, blutverdünnendes Medikament. Der Grund dafür ist, dass der Stent die Bildung von Thromben fördert und daher ein doppelter Gerinnungsschutz zum Einsatz kommen muss (duale Thrombozytenaggregationshemmung).

Je nach dem, welcher Stent eingesetzt wurde, muss die Kombination aus ASS und einem weiteren Präparat wie Clopidogrel (Plavix®, Isocover®), Prasugrel (Efient®) oder Ticagrelor (Brilique®, Possia®) bis zu 12 Monate eingenommen werden. Danach erfolgt die Umstellung auf die alleinige ASS-Gabe in niedriger Dosierung (100 mg am Tag).

Ein Nachteil der Blutverdünner ist, dass sie zu Blutungen führen können und gehäuft auch mit Magenbeschwerden wie beispielsweise Magengeschwüren einhergehen.

Fettsenker

Die Substanzklasse der Statine wie beispielsweise Atorvastatin (Sortis®, Atorvalan®), Pravastatin (Pravalip®, Mevalotin®) oder Simvastatin (Zocor®) kommt nach einem Herzinfarkt regelmäßig zur Anwendung. Hintergrund ist, dass Statine nicht nur die Blutfettwerte, insbesondere den Cholesterin- und LDL-Spiegel senken, sondern auch zu einer Stabilisierung von Plaques beitragen und damit der Entstehung von neuerlichen Herzinfarkten vorbeugen.

Statine haben den Nachteil, dass sie nicht immer gut vertragen werden und häufig zu Allgemeinbeschwerden wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Muskel- und Gliederschmerzen führen können.

ACE-Hemmer

ACE-Hemmer wie Ramipril (Delix®, Vasotop®) oder Enalapril (Xabef®) werden in vielen Kliniken heute standardmäßig nach einem Herzinfarkt verabreicht. Sie wirken sich präventiv auf eine bestehende Herzschwäche aus und fördern die Regeneration des Herzmuskelgewebes.

Da ACE-Hemmer oftmals einen quälenden Reizhusten verursachen, kann eine Umstellung auf AT1-Blocker notwendig werden. Diese neuere Substanzklasse zeigt vergleichbare Wirkungen wie ACE-Hemmer, jedoch mit einem besseren Nebenwirkungsprofil.

Betablocker

Betablocker wie Metoprolol (Beloc®, Beloc-ZOK®, Lopresor®) Nebivolol (Nebilet®) und Bisoprolol (Bisoprolol®, Concor®) kommen nur in besonderen Fällen zum Einsatz. Nämlich dann, wenn sich im Anschluss an den Herzinfarkt ein sehr unregelmäßiger und schneller Herzrhythmus entwickelt, oder wenn eine Herzschwäche auftritt.

Da Betablocker keinen sicheren Überlebensvorteil bieten, ist ihr Einsatz immer eine individuelle Entscheidung.

b) Reduktion bestehender Risikofaktoren

In den allermeisten Fällen ist der Herzinfarkt ein Produkt ungünstiger Einflussfaktoren auf den Körper bzw. das Herz-Kreislauf-System. Werden diese Risikofaktoren im Zuge des Herzinfarktes zum ersten Mal erkannt, muss auch hier vielfach medikamentös eingegriffen werden, um weitere Ereignisse zu verhindern. Die größten Risikofaktoren sind dabei ein erhöhter Blutdruck sowie eine bestehende Zuckerkrankheit.

Regelmäßige Kontrolle von Blutdruck und Zucker

Bei Bluthochdruck werden verschiedene Medikamente eingesetzt, die sich unter anderem mit denen der Herzinfarkttherapie decken. In der Regel werden nach einem Infarkt Werte unter 140/90mmHg angestrebt, die durch Selbstmessungen auch Zuhause kontrolliert werden sollten. Die Dosis der medikamentösen Bluthochdrucktherapie kann in vielen Fällen durch regelmäßige Bewegung und salzarme Ernährung reduziert werden.

Bei einem Diabetes mellitus (in den meisten Fällen handelt es sich um einen Diabetes mellitus Typ 2) muss streng auf den Blutzucker geachtet werden. Auch hierbei sind Selbstmessungen Zuhause notwendig, um die Spiegel regelmäßig zu kontrollieren. Nach den deutschen Leitlinien sollte ein Nüchternblutzuckerwert die Grenze von 110 mg/dl nicht überschreiten und der Langzeitblutzuckerwert (HbA1c) bei etwa 6,5-7% liegen. Wie bei der Therapie des Bluthochdruckes auch können Sie selbst durch Bewegung und gesunde Ernährung einiges zu Ihrer Herzgesundheit und der Regulation Ihres Blutzuckerspiegels beitragen.

c) Präventionsmaßnahmen weiterer Infarktereignisse

Die wohl wichtigste und häufig doch am schwersten umsetzbare Präventionsmaßnahme für weitere Infarktereignisse ist die Lebensstiländerung. Dabei geht es vielfach darum, sich von alten Gewohnheiten aus gleich mehreren Lebensbereichen zu verabschieden und einen gesünderen Lebensstil anzunehmen. Das fällt oft schwer.

Doch was viele nicht wissen, ist, dass es zahlreiche Angebote gibt, die dabei helfen, Strategien und Motivation für eine Veränderung des eigenen Lebens zu entwickeln und erfolgreich anzuwenden. Fragen Sie Ihren behandelnden Arzt gezielt nach danach, und nutzen Sie die Angebote auch!

Rauchen: Risikofaktor Nummer 1

Wer das Rauchen aufgibt, kann das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, um 30-50% reduzieren. Da Rauchen oftmals nicht nur Laster oder eine schlechte Angewohnheit, sondern eine Suchterkrankung ist, fällt das Aufhören vielen Menschen sehr schwer. Die Rückfallquote ist enorm.

Dennoch: Versuchen Sie es. Aber am besten nicht alleine. Holen Sie sich Hilfe bei Ihrem Hausarzt, und lassen Sie sich über die zahlreichen Raucherentwöhnungsprogramme aufklären.

Gesund und lecker: die richtige Ernährung

Jedes Kind weiß, dass die beste Ernährung eine gesunde und ausgewogene ist. Doch was genau darunter verstanden wird, ist vielen Menschen nicht klar.

Besonders nach einem Herzinfarkt bzw. zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird die mediterrane Küche empfohlen. Diese beinhaltet viel frisches Gemüse und Obst, pflanzliche Fette und ein- bis zweimal die Woche Fisch. Der Konsum von tierischen Fetten, Fleisch, Zucker und versteckten Salzen sollte vermieden bzw. deutlich reduziert werden. Verstecke Salze finden sich vor allem in Fertigprodukten wie beispielsweise Tiefkühlpizza, Fertigsuppen oder Mikrowellengerichten.

Um die mediterrane Küche zu erlernen und eigene Rezeptideen zu entwickeln, bietet sich die Teilnahme an einem Kochkurs oder an einer Ernährungsberatung an.

Bringen Sie Ihr Herz auf Trab!

Zuletzt sollte das Herz fit gehalten werden. Dies gelingt am besten mit moderatem Training. Empfohlen werden 30-60 Minuten tägliches Ausdauertraining in Form von schnellem Gehen (Walken), Schwimmen oder Radfahren. Es muss kein Hochleistungssport betrieben werden, auch ausgedehnte Spaziergänge an der frischen Luft sind gut für die Herzgesundheit.

Besonders wer frisch aus der Reha kommt oder nicht alleine Sport treiben will, kann sich auch einer eigens zu diesem Zwecke ins Leben gerufenen Herzsportgruppe anschließen.

Prognose

Die Prognose eines Herzinfarktes ist nur schwer vorauszusagen. Sie korreliert nicht nur mit der Größe des Infarktareals und der Schwere der Symptomatik, sondern auch mit dem eigenen Verhalten nach dem Infarkt. Wer seinen Lebensstil konsequent ändert, sich mehr bewegt, nicht mehr raucht und sich gesünder ernährt, hat eine deutlich bessere Prognose als der, der nach dem Infarkt genauso weiter macht wie zuvor.

Quellen:

  • G. Herold: Innere Medizin, Herold Verlag, 2017-12-17.
  • H. Renz-Polster, S. Krautzig: Basislehrbuch Innere Medizin, Urban & Fischer, 2012.
  • S.K.G. Maier et al.: Empfehlung zur Organisation von Herzinfarktnetzwerken, online unter http://leitlinien.dgk.org, zuletzt aufgerufen am 30.08.2019.
  • T. Herdegen: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie, Thieme Verlag, 2013.

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