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Gicht: Ursachen, Symptome, Behandlung

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Die ersten Beschreibungen der Gicht gehen zurück bis ins 5. Jahrhundert v. Chr. Sie wurde damals als eine "Erkrankung der Könige" bezeichnet, weil beobachtet wurde, dass sie oft mit einem übermäßigen Konsum an Alkohol und üppigem Essen einherging. Heute weiß man allerdings, dass die Gicht in allen sozialen Schichten anzutreffen ist, wobei Männer öfter als Frauen betroffen sind. In den Vereinigten Staaten ist die Gicht aktuell sogar die häufigste Form der Gelenksentzündung. Im Zuge des wachsenden Wohlstands hat sich die Gicht somit zu einer weitverbreiteten Volkskrankheit entwickelt. Mehr dazu erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Überblick

Auslöser Stoffwechselstörung

Die Gicht wird durch eine Stoffwechselstörung verursacht, bei der es zu erhöhten Harnsäurewerten im Blut kommt. In Fachkreisen spricht man dann von einer sogenannten Hyperurikämie. Wird eine bestimmte Konzentration an Harnsäure im Blut überschritten, bilden sich Harnsäurekristalle aus. Dies allein verursacht jedoch noch keine Beschwerden. Erst wenn es auch zu einer Reaktion des Immunsystems gegen diese Kristalle kommt, kann es zu einer Entzündung und den charakteristischen Schmerzattacken kommen.

In vielen Fällen ist die Neigung zu einem erhöhten Harnsäurespiegel bei Gichtkranken angeboren. Der Anteil der Harnsäure im Körper ist jedoch auch stark von der Ernährung abhängig. Gichtanfälle treten aus diesem Grund oftmals nach reichhaltigem Essen, starkem Alkoholgenuss, aber auch nach einer Fastenkur oder einer Extremdiät auf.

Die drei Stadien der Gicht

Bevor bei der Gicht Symptome auftreten, können Jahre zuvor bereits stark erhöhte Harnsäurespiegel vorliegen. Man spricht in diesem Fall auch vom Stadium der sogenannten symptomlosen Hyperurikämie. Treten dann die ersten Symptome auf, unterscheidet man zwei weitere Stadien: den akuten Gichtanfall und die chronische tophöse Gicht.

Ein akuter Gichtanfall tritt meist plötzlich während der Nacht auf und führt typischerweise zu einer starken Entzündung des Großzehen-Grundgelenks mit einem Juckreiz über dem betroffenen Gelenk. Begleitet wird der Gelenkschmerz auch oft von Fieber, Übelkeit und Kopfschmerzen. Wird dieser Anfall nicht behandelt, kann die Gelenkentzündung von selbst wieder abklingen. Jedoch kann dies bis zu zehn Tage andauern und außerdem zu einem Gelenkschaden führen.

Während einige Betroffene an gelegentlich auftretenden akuten Gichtanfällen leiden, gibt es andere, bei denen sich die Entzündung zwischen den Anfällen nicht vollständig zurückbildet. Man spricht vom Stadium einer chronischen Gelenkentzündung. In vielen Fällen lagern sich die Harnsäurekristalle dann auch in Form sogenannter Tophi (Gichtknoten) unterhalb der Haut an Sehnenscheiden, Schleimbeuteln oder den Ohren an. Schließlich kann auch die Niere betroffen sein. Die entstehenden Nierensteine können zu Entzündungen des Nierenbeckens führen und Koliken auslösen.

Kristalle in der Gelenkflüssigkeit

Neben der gründlichen körperlichen Untersuchung ist für die Diagnosestellung einer Gicht auch die Laboranalyse des Blutes und der Gelenkflüssigkeit von großer Bedeutung. Als Goldstandard für die Diagnose einer Gicht im Labor gilt der direkte Nachweis von Harnsäurekristallen aus der Gelenkflüssigkeit mithilfe eines Mikroskops. Diese Kristalle können in allen Stadien der Erkrankung gefunden werden. Zusätzlich wird auch der Harnsäurespiegel im Blut bestimmt, um zu sehen, ob er über dem Normwert liegt.

Medikamente allein sind keine Lösung

Bei der medikamentösen Behandlung einer Gicht verfolgt man zwei Ziele: die Senkung des Harnsäurespiegels im Körper und die Behandlung der Gelenkentzündung. Bei der Senkung der Harnsäurewerte im Blut kommen Medikamente zum Einsatz, die die Produktion der Harnsäure im Körper verringern oder deren Abbau und Ausscheidung aus dem Körper verstärken. Zur Behandlung der Gelenkentzündungen werden Schmerzmittel sowie Medikamente zur Dämpfung des Immunsystems verwendet.

Bei allen Möglichkeiten der Behandlung einer Gicht können Betroffene selbst auch sehr viel tun, um ihren Harnsäurespiegel unter Kontrolle zu halten. So lässt sich die Gefahr von erneuten Gichtanfällen zu einem nicht unwesentlichen Anteil durch die richtige Ernährung steuern. Durch den Verzicht auf Fleisch und Fisch kann ein Anstieg der Harnsäurewerte verhindert werden. Außerdem konnten Studien zeigen, dass sich eine ausgewogene Ernährung und sportliche Betätigung günstig auf den Krankheitsverlauf auswirken.

Ursachen und Auslöser

Erhöhte Harnsäure: zu viel rein oder zu wenig raus

Im Hintergrund von Gichtanfällen steht ein gestörter Harnsäure-Stoffwechsel, der zu einer Anreicherung von Harnsäure und Ausbildung von Harnsäurekristallen führt. Um die Ursachen und Auslöser einer Gicht zu verstehen, ist es deshalb auch hilfreich zu wissen, welche Mechanismen zu einem Anstieg bzw. zu einem Abfall der Harnsäure im Blut führen können.

Da es sich bei der Harnsäure um ein Abbauprodukt des Stoffwechsels handelt, wird es vom Körper nicht mehr benötigt und muss direkt über die Nieren und den Stuhl ausgeschieden werden. Es können deshalb nur zwei Mechanismen zu einem Anstieg der Harnsäure im Blut führen: entweder eine gesteigerte Produktion oder eine verminderte Ausscheidung der Harnsäure. Eine starke Anreicherung von Harnsäure wiederum begünstigt die Bildung von Harnsäurekristallen. Die Kristalle werden durch das Immunsystem des Körpers als fremd erkannt und verursachen eine Entzündung und charakteristische Schmerzen in den Gelenken.

Erkrankungen und Extremdiäten setzen Purine frei

Purine sind Stickstoffverbindungen, die verschiedene Funktionen im Körper erfüllen. Sie sind unter anderem ein wichtiger Bestandteil der DNA (der Erbsubstanz) von Menschen, Tieren und Pflanzen. Da es im Körper beständig zum Abbau alter und zur Bildung neuer Zellen kommt, werden auch immer zu einem bestimmten Anteil Purine aus Zellen freigesetzt. Werden sie dann vermehrt abgebaut, so reichert sich auch verstärkt ihr Abbauprodukt im Blut an, die Harnsäure.

Dies geschieht beispielsweise im Rahmen eines starken Zellzerfalls bei bestimmten Erkrankungen, wie z.B. Anämien, Leukämien, Lymphomen oder Thalassämien. Weiterhin kann es aber auch zu einer verstärkten Freisetzung von Purinen kommen, wenn nur sehr wenige Kalorien aufgenommen werden. Hier liegt die Ursache darin, dass der Körper bei einer stark verringerten Kalorienzufuhr den Stoffwechsel umstellt.

Im Normalzustand gewinnt der Körper seine Energie vor allem aus den gespeicherten oder aus der Nahrung zugeführten Zuckern und Fetten. Beim Fasten dagegen wird verstärkt eine andere Energiequelle genutzt: Proteine. Kommt es also zu einer Umstellung des Stoffwechsels auf den Energiegewinn aus Proteinen, so werden vermehrt Muskelzellen abgebaut und Purine aus ihnen freigesetzt. Fasten oder Extremdiäten können aus diesem Grund zu einem Anstieg des Harnsäurespiegels und somit auch zu Gichtanfällen führen.

Purinreiche Ernährung

Die Harnsäure-Konzentration im Blut kann von außen durch den Verzehr purinreicher Nahrung erhöht werden. Typischerweise fallen bei einer ausgewogenen Ernährung 80% der Purine aus dem körpereigenen Purinstoffwechsel an. Dennoch stammt ein Teil der Purine aus der Nahrung und kann die Harnsäure-Konzentration deshalb abhängig von der Nahrungsmenge erheblich beeinflussen.

Besonders reich an Purinen sind Fleisch und Fisch. Dagegen verstärken Nahrungsmittel, die reich sind an Vitamin C, die Ausscheidung von Harnsäure durch die Niere und senken somit den Harnsäurespiegel im Blut.

Zu einer Anreicherung von Harnsäure im Körper kommt es nicht nur durch eine gesteigerte Produktion, sondern bei 90% aller Gichtbetroffenen vor allem durch eine verringerte Ausscheidung der Harnsäure. Sie erfolgt zu zwei Dritteln über die Nieren und zu einem geringen Anteil über den Darm. Ursache für eine verminderte Ausscheidung kann daher eine Fehlfunktion der Niere sein. Auch Drogen bzw. Medikamente können die Nierenfunktion beeinträchtigen oder sogar schädigen.

Geschlechtshormone beeinflussen den Harnsäurespiegel

Studien haben zeigen können, dass der Harnsäurespiegel bei Kindern geringer als bei Erwachsenen ist. Bei Männern steigt er während der Pubertät an, bei Frauen dagegen eher zu Beginn der Menopause. Diese alters- und geschlechtsabhängigen Unterschiede legen nahe, dass Geschlechtshormone an der Regulation des Harnsäurespiegels im Blut beteiligt sind.

In Studien bei Frauen konnte gezeigt werden, dass das Hormon Östrogen tatsächlich die Ausscheidung von Harnsäure über die Niere steigert. Im Gegensatz dazu hatte schon der bedeutende Arzt Hippokrates im antiken Griechenland festgestellt, dass Eunuchen typischerweise nicht an Gicht erkranken. Männliche Geschlechtshormone, die Androgene, sind bei Eunuchen durch die Kastration nur noch in sehr geringen Mengen vorhanden. Sie scheinen deshalb durch den niedrigeren Androgenspiegel vor Gichtanfällen geschützt zu sein.

Auch Gene spielen eine Rolle

Auslöser erhöhter Harnsäurewerte können in seltenen Fällen auch angeborene Stoffwechselstörungen sein. Hierbei handelt es sich um Gene, die bei der Produktion oder der Ausscheidung von Harnsäure eine Rolle spielen.

Funktionsstörungen bestimmter Enzyme, die im Purin-Stoffwechsel eine wichtige Rolle spielen, können zu einer Anreicherung von Harnsäure im Körper führen. Beim Lesh-Nyhan-Syndrom kommt es beispielsweise zu einem Defekt des Enzyms Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase. Abhängig davon, wie stark die Funktion dieses Enzyms bei diesem Gendefekt eingeschränkt ist, ist auch die Ausprägung der Symptome unterschiedlich. Neben Gichtanfällen kann es zu neurologischen Problemen und Nierenfunktionsstörungen kommen.

Es wird geschätzt, dass bis zu 10% aller Menschen mit Gicht in Europa eine Fehlfunktion des Harnsäure-Transporters ABCG2 haben können. Dieser Transporter ist wichtig für die Ausscheidung von Harnsäure über die Niere. Funktioniert er aufgrund bestimmter Mutationen des Gens nicht mehr richtig, wird die anfallende Harnsäure nicht ausreichend ausgeschieden.

Weitere mögliche Auslöser von Gichtanfällen

  • Tumorlyse-Syndrom: Eine weitere Ursache für eine gesteigerte Produktion von Harnsäure kann die Behandlung von Tumoren, z.B. Leukämien, sein. Hier kommt es durch die Chemotherapie zum Tod einer großen Anzahl von Zellen. Die Medikamente führen zu einem Stopp des Zellwachstums und lösen den programmierten Zelltod von entarteten Zellen im Körper aus. Dadurch kommt es zu einer Freisetzung hoher Mengen an Purinen, die wiederum zum Anstieg der Harnsäure führen und einen Gichtanfall auslösen können.
  • Alkohol: Studien haben gezeigt, dass Alkohol erhöhte Harnsäurewerte verursachen kann. Hierfür sind mehrere Mechanismen verantwortlich. Zum einen werden für den Abbau von Alkohol im Organismus Purine benötigt. Beim Alkoholkonsum wird deshalb der Purin-Stoffwechsel angekurbelt und somit indirekt auch der Harnsäurespiegel erhöht. Zum anderen kommt hinzu, dass die Harnsäure aufgrund des Wasserverlusts durch den Alkohol schlechter ausgeschieden wird. Und schließlich spielt auch der Puringehalt einiger alkoholischer Getränke eine Rolle. Insbesondere Bier weist einen hohen Anteil an Purinen auf und sollte deshalb bei Gichterkrankungen nicht konsumiert werden.
  • Medikamente: Diuretika werden zur Behandlung von Bluthochdruck und bei Herzerkrankungen verschrieben. Es ist schon seit langer Zeit bekannt, dass einige Diuretika das Risiko einer Gicht bis zu 20fach erhöhen können. Außerdem senkt der Calcineurin-Inhibitor Cyclosporin, der das körpereigene Abwehrsystem unterdrückt und bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen eingesetzt wird, die Ausscheidung von Harnsäure über die Niere und erhöht somit die Harnsäurewerte.

Ein Fass am Überlaufen

Harnsäure in löslicher Form ruft noch keine Symptome hervor und löst keine Gicht aus. Hat die Harnsäurekonzentration jedoch bereits eine kritische Schwelle erreicht, reichen oft nur kleine Änderungen im Körper aus, damit sich Harnkristalle ausbilden und eine Entzündung hervorrufen. Dies kann mit einem Fass verglichen werden, das lange Zeit hohe Mengen an Harnsäure aufnimmt. Nur kleine Veränderungen des Stoffwechsels reichen dann aus, um das Fass zum Überlaufen zu bringen und einen Gichtanfall auszulösen.

Der durchschnittliche Harnsäurespiegel bei Gesunden liegt gewöhnlich zwischen 3 und 6 mg/dl. Steigen die Harnsäurewerte auf über 6,8 mg/dl im Blut an, so sprechen Ärzte von einer Hyperurikämie. Ab dieser Konzentration wird das Löslichkeitsprodukt der Harnsäure überschritten und das Risiko für das Auskristallisieren der Harnsäure erhöht. Nicht alle Betroffene mit einer Hyperurikämie erkranken jedoch an der Gicht.

Es trifft nicht jeden

Obwohl viele Menschen einen Harnsäurespiegel über der Norm aufweisen, bilden sich nicht bei allen Harnsäurekristalle aus. Und selbst wenn es dazu kommt, erkranken längst nicht alle Betroffenen an einer Gicht.

Die Ursache hierfür ist unbekannt. Vermutet wird unter anderem der Einfluss einer nicht ausreichenden Durchblutung, die wiederum zu einer erniedrigten Temperatur in den entsprechenden Körperbereichen führt und das Ausfällen von Harnsäurekristallen begünstigt. So sind bei vielen Menschen mit Gicht die Füße, Hände oder Ohren betroffen. Diese Körperbereiche sind schlechter durchblutet und somit kälter als andere Regionen des Körpers.

Eine weitere Erklärung, warum nicht alle Menschen mit einer Hyperurikämie auch eine Gicht bekommen, könnte eine besondere Anatomie der Gelenke sein, die Gichtanfälle begünstigt.

Symptome

Die Gichterkrankung lässt sich in ihrem Verlauf in drei Stadien einteilen:

  • symptomlose Hyperurikämie
  • akute Gichtarthritis
  • chronisch-tophöse Gicht

Das erste Stadium ist charakterisiert durch erhöhte Harnsäurewerte ohne Beschwerden. Es kann Jahre andauern. Das Stadium der symptomlosen Hyperurikämie wird gefolgt von einer akuten Gichtarthritis und einem chronischen Stadium der tophösen Gicht.

Der erste akuter Gichtanfall ereignet sich meist zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr und betrifft vor allem das Grundgelenk des großen Zehs. Im Anschluss folgt das chronische Stadium, das durch Gichtknötchen, sogenannte Tophi, und Gelenkschäden charakterisiert ist. Meistens ist hier mehr als nur ein Gelenk betroffen.

Viele bleiben beschwerdefrei

Bei einer asymptomatischen Hyperurikämie liegen erhöhte Harnsäurewerte von über 6 mg/dl vor. Die meisten Betroffenen mit einer Hyperurikämie entwickeln ihr Leben lang keine Symptome. Das Risiko für einen akuten Gichtanfall erhöht sich jedoch mit einem steigenden Harnsäurespiegel. Es ist zudem auch stark abhängig von der Ausscheidung der Harnsäure aus dem Körper.

Das Stadium der asymptomatischen Hyperurikämie ist mit dem ersten Gichtanfall beendet. Bei den meisten Betroffenen tritt dies erst nach etwa 20 Jahren auf.

Massive Schmerzen im großen Zeh

Typischerweise tritt der erste akute Gichtanfall bei Männern im Alter von 40 bis 60 Jahren auf, bei Frauen jenseits des 60. Lebensjahres. Vor dem 25. Lebensjahr ist ein Gichtanfall sehr selten und deutet auf eine genetische Ursache hin.

Meistens kommt es zu einer Gelenkentzündung des Grundgelenks des ersten Zehs. Ein Befall dieses Gelenks wird auch als Podagra bezeichnet. Seltener sind Mittelfußgelenke, Sprunggelenke, das Knie, Handgelenke, Finger oder Ellenbogen betroffen. Zusätzlich zu Gelenkentzündungen (Arthritiden) kann auch eine Entzündung von Schleimbeuteln (Bursitis) oder von Sehnen (Tendinitis) auftreten.

Ein akuter Gichtanfall trifft Betroffene oft unvermittelt und wird von starken Schmerzen begleitet. Innerhalb weniger Stunden kann es über Nacht zu einer Rötung und Schwellung des betroffenen Gelenks kommen. Zusätzlich weisen einige Betroffene auch Fieber auf.

Der Verlauf ohne Medikamenteneinnahme kann stark variieren. Ein milder Gichtanfall kann sich innerhalb einiger Stunden auflösen, wohingegen ein schwerer Verlauf mehrere Wochen andauern kann. Während es bei einigen Menschen mit Gicht nur bei einem einzigen Anfall im Leben bleibt, erleiden die meisten innerhalb von zwei Jahren einen weiteren Anfall. Im späteren Verlauf betreffen die Anfälle mehr als nur ein Gelenk und dauern länger an. Auch das Risiko für Schäden an den Gelenken steigt an.

Dauerhafte Gelenk- und Organschäden

Nach mehreren Gichtanfällen kann es schließlich zum Stadium der chronisch-tophösen Gicht kommen, in der sich die Gelenkentzündungen ohne eine medikamentöse Behandlung praktisch nicht mehr zurückbilden. Bei dieser Form der Gicht erhöht sich mit der Zeit das Risiko, sogenannte Tophi auszubilden. Dabei sammeln sich Harnsäurekristalle im Knorpel, in Sehnen oder im Weichteilgewebe an, da der Körper es nicht mehr schafft, die Harnsäure in ausreichender Menge auszuscheiden.

Obwohl die Tophi selbst nicht schmerzen, ist das umgebende Gewebe stark entzündet und verursacht Schmerzen. Außerdem können die ständigen Gelenkentzündungen und Tophi ohne medikamentöse Behandlung zu Schäden und Missbildungen führen. In der Nähe von Gelenken und Sehnen können sie auch zusätzlich zu Bewegungseinschränkungen führen. Selten sind Tophi auch im Herzen, im Auge oder im Kehlkopf zu finden.

Die Niere ist bei einer Gicht besonders stark betroffen. Es kann zu Nierensteinen, einer Nierenfehlfunktion bis hin zu Nierenversagen kommen. Eine frühzeitige Therapie kann solche schwerwiegenden Folgen jedoch meistens vermeiden.

Diagnose

Typische Beschwerden und Blutwerte

In vielen Fällen sind die Symptome eines akuten Gichtanfalls relativ charakteristisch. Eine Verdachtsdiagnose kann deshalb bereits nach einer gründlich erfassten Krankengeschichte und körperlichen Untersuchung durch den Arzt gestellt werden. Einen weiteren wichtigen Hinweis auf die Erkrankung liefert bei der Blutuntersuchung der Nachweis einer Hyperurikämie und erhöhter Entzündungswerte.

Gelenkpunktion und bildgebende Verfahren

Ist der Verlauf allerdings untypisch und sind die Harnsäure- und Entzündungswerte im Blut nicht erhöht, ist die Diagnose nicht immer leicht zu stellen. Ein Drittel aller Gichtbetroffenen weist bei einem akuten Gichtanfall tatsächlich keinen erhöhten Harnsäurespiegel auf. Untypische Symptome können daher auch leicht mit anderen Erkrankungen wie zum Beispiel mit einer Pseudogicht, einer Rheumatoiden Arthritis oder einer septischen Arthritis verwechselt werden.

In solchen Fällen wird eine Gelenkpunktion empfohlen. Der alleinige Nachweis von Harnsäurekristallen aus dem Gelenkpunktat gilt dann entsprechend den Diagnosekriterien der europäischen Fachgesellschaft für Rheumatologie (EULAR) als sicheres Kriterium zur Diagnosestellung der Gicht.

In einem weiter fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung können außerdem Tophi im Ultraschall oder einem CT (Computertomogramm) nachgewiesen werden. Gelenkveränderungen können im Röntgen oder ebenfalls im Ultraschall sichtbar werden. Dabei finden sich typischerweise kleine Ablagerungen von Harnsäurekristallen auf der Knorpeloberfläche. Auch eine Entzündung der Gelenkinnenhaut, eine sogenannte Synovitis, mit einer verstärkten lokalen Durchblutung lässt sich oft feststellen.

Behandlung

Die Therapie einer Gicht hängt vom Stadium der Erkrankung, den individuellen Symptomen und bestimmten Risikofaktoren ab. Sie beruht im Wesentlichen auf zwei Säulen, der nicht-medikamentösen und der medikamentösen Behandlung. Die medikamentöse Behandlung wiederum verfolgt zwei Ziele: einerseits die Senkung des Harnsäurespiegels, andererseits die Therapie der Schmerzen und der Entzündung.

1. Medikamentöse Therapie

Behandlung der Schmerzen und der Entzündung

Bei einem akutem Gichtanfall sollte die medikamentöse Behandlung der Entzündung und der Schmerzen am besten innerhalb von 12 bis 24 Stunden eingeleitet werden. Hierbei können nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Glukokortikoide sowie das Medikament Colchizin eingesetzt werden. Welches Medikament für den einzelnen in Frage kommt, hängt von seinen Begleiterkrankungen und der Einnahme anderer Medikamente ab. Normalerweise sollte unter der Therapie eine Linderung der Symptome innerhalb von 24 Stunden eintreten.

  • NSAR: NSAR hemmen die Entzündungsreaktion und reduzieren Schmerzen. Sie werden bei allen entzündlichen rheumatischen Erkrankungen verschrieben. Das Mittel der Wahl bei der Gicht ist oft Indomethazin oder Ibuprofen. Studien haben gezeigt, dass auch Naproxen, Sulindac, Piroxicam oder Ketoprofen eine gute Wirkung zeigen.
  • Glukokortikoide (Kortison): Glukokortikoide werden gewöhnlich dann verschrieben, wenn NSAR nicht eingesetzt werden können. Wenn nur ein oder zwei Gelenke entzündet sind, können sie direkt ins Gelenk injiziert werden. Ansonsten werden Glukokortikoide systemisch als Tablette eingenommen.
  • Colchizin: Dieses Medikament hemmt bestimmte Zellen des Immunsystems und die Freisetzung entzündlicher Botenstoffe. Es sollte nur in Form einer Tablette verabreicht werden, da es bei einer intravenösen Gabe zu schweren Nebenwirkungen kommen kann. Auch eine zu hohe Dosierung kann zu Magen-Darm-Beschwerden führen. Colchizin kannn nicht nur zur Behandlung eines akuten Gichtanfalls, sondern kann auch in Kombination mit NSAR verschrieben werden, um weitere Gichtanfälle zu verhindern.
  • Interleukin-1-Inhibitoren: Bei der Gicht setzen Zellen bestimmte entzündliche Botenstoffe frei. Ein für die Gichterkrankung wichtiger Botenstoff ist das sogenannte Interleukin-1. Menschen mit Gicht, die an bestimmten Begleiterkrankungen leiden und deshalb keine NSAR, Glukokortikoide oder das Medikament Colchizin vertragen, können alternativ mit Interleukin-1-Antagonisten behandelt werden. Sie mindern die entzündliche Wirkung des Botenstoffs Interleukin-1 und dämpfen so die Entzündung.

Senkung des Harnsäurespiegels

Die oben genannten Medikamente sind zwar sehr geeignete Mittel, um akute Symptome zu lindern, sie verhindern jedoch nicht das Auftreten weiterer Gichtanfälle. Um also auf die Vorstufe der Gicht Einfluss zu nehmen, müssen Medikamente eingesetzt werden, die die hohen Harnsäurewerte im Blut senken.

Laut aktueller Studienlage bringt dies allerdings nur dann etwas, wenn auch gleichzeitig Symptome vorliegen bzw. wenn eine chronische Gicht besteht. Die Behandlung eines erhöhten Harnsäurespiegels allein ohne Vorliegen weiterer Symptome (eine sogenannte asymptomatische Hyperurikämie) wird nicht empfohlen.

Nicht im akuten Gichtanfall

Die europäische Fachgesellschaft für Rheumatologie (EULAR) empfiehlt bei entsprechenden Beschwerden die Senkung des Harnsäurespiegels auf Werte unterhalb von 6 mg/dl. Das Ziel der Harnsäure-senkenden Therapie ist es, die Häufigkeit von Gichtanfällen sowie das Risiko für die Bildung von Tophi und Gelenkschäden zu reduzieren.

Wichtig ist es dabei zu wissen, dass man während eines Gichtanfalls die Einnahme von Harnsäure-senkenden Medikamenten weder beginnen noch beenden sollte. Denn nicht nur ein abrupter Anstieg, sondern auch ein plötzlicher Abfall des Harnsäurespiegels kann einen Gichtanfall verursachen und daher einen bereits bestehenden Anfall verschlimmern. Wer während eines Gichtanfalls allerdings bereits Harnsäure-senkende Medikamente einnimmt, sollte sie auch durchgehend während des Anfalls beibehalten. Zum ersten Mal sollte eine Therapie hingegen frühestens zwei Wochen nach Beginn des akuten Gichtanfalls begonnen werden.

Zusätzlich ist zu beachten, dass auch Medikamente, die erhöhte Harnsäurewerte hervorrufen können, während eines akuten Gichtanfalls nicht neu eingenommen werden. Hierzu zählen vor allem Diuretika und niedrig dosierte Azetylsalizylsäure (ASS).

Xanthinoxidase-Hemmer: Mittel der ersten Wahl

Nach aktuellen internationalen Leitlinien sind Xanthinoxidase-Hemmer Harnsäure-senkende Medikamente, die bei erhöhten Harnsäurewerten als Mittel der ersten Wahl angesehen werden. Sie blockieren das Enzym Xanthinoxidase und führen so zu einer verminderten Bildung von Harnsäure.

Zu den Xanthinoxidase-Hemmern gehört als Leitsubstanz das Allopurinol. Allopurinol ist ein altbewährtes Medikament, das bereits seit mehreren Jahrzehnten zugelassen ist. Die Einnahme mit einer Tablette täglich ist einfach, und das Medikament ist im allgemeinen auch gut verträglich. Insbesondere ist es für Menschen mit Nierenfunktionsstörungen geeignet.

In sehr seltenen Fällen (bei weniger als 0,5% der Betroffenen) kann es im Verlauf der Einnahme von Allopurinol zu einer toxischen Reaktion mit Fieber, Hautausschlag und Nierenversagen kommen. Gichtbetroffene sollten bei der Einnahme von Allopurinol diese Nebenwirkung deshalb stets im Hinterkopf haben und gegebenenfalls das Medikament sofort absetzen.

Urikosurika: Mittel der zweiten Wahl

Urikosurika werden als Alternative zu den Xanthinoxidase-Hemmern angesehen und somit als Mittel der zweiten Wahl. Leitsubstanz ist hier das Probenecid. Anders als Xanthinoxidase-Hemmer vermindern Urikosurika nicht die Bildung von Harnsäure, sondern fördern ihre Ausscheidung über die Niere.

Wichtig ist, während der Therapie mit Urikosurika viel zu trinken, da diese Medikamentengruppe die Nieren stark belastet. Betroffene mit Nierenfunktionsstörungen sollten sie aus diesem Grund nicht verwenden.

2. Nicht-medikamentöse Maßnahmen

Gichtbetroffene haben es zu einem großen Anteil selbst in der Hand, über eine Änderung ihres Lebensstils und der Ernährung ihren Harnsäurespiegel zu kontrollieren. Dies kann bei einigen sogar so gut funktionieren, dass sie gänzlich auf Medikamente verzichten können.

Die wichtigste Regel: Extreme vermeiden

Purine können sowohl nach dem Verzehr purinreicher Nahrung anfallen als auch beim Fasten. In der Nahrung werden Purine aus tierischen oder pflanzlichen Zellkernen freigesetzt. Beim Fasten dagegen kommt es aufgrund des Energiemangels zu einem Abbau körpereigener Muskelmasse und somit auch zu einer Freisetzung von Purinen. Häufen sich Purine im Körper an, so reichert sich auch ihr Abbauprodukt an, die Harnsäure.

Purine befinden sich vor allem in Fleisch und Fisch, weshalb diese Produkte von Betroffenen mit einer Gicht gemieden werden sollten. Günstige Lebensmittel sind dagegen Gemüse und Obst, wobei man allerdings auch hier auf den Puringehalt achten sollte. Spinat und Hülsenfrüchte wie z.B. Erbsen, Linsen und weiße Bohnen sind relativ purinreich. Bei der Auswahl geeigneter Produkte können deshalb spezielle Nährstofftabellen helfen, um den täglichen Speiseplan zusammenzustellen.

Weniger Alkohol und Zucker, mehr Milchprodukte

Studien konnten zeigen, dass Alkohol, insbesondere Bier, sowie Zucker bzw. zuckerhaltige Getränke einen Einfluss auf den Harnsäurespiegel im Blut haben. Sie können sowohl zu einem Anstieg der Harnsäure führen als auch ihre Ausscheidung über die Niere verschlechtern und somit das Risiko für Gichtanfälle erhöhen.

Milchprodukte wie z.B. Kuhmilch oder Schafsmilch sind frei von Zellkernen, in denen Purine stecken. Auch Butter, Rahm, Kefir, Naturjoghurt und Quark sind purinarme Lebensmittel. Diese Produkte können als wichtige Eiweißquelle für Gichtbetroffene dienen.

Ausreichend viel trinken

Getränke wie z.B. Mineralwasser, Tee oder Kaffee können die Ausscheidung von Harnsäure aus dem Körper fördern. Insbesondere harntreibende Heilpflanzen wie z.B. Brennnessel oder Ackerschachtelhalm können als Tee getrunken werden. Sofern aus ärztlicher Sicht nichts dagegen spricht, sollte auf eine Trinkmenge von zwei bis drei Litern Flüssigkeit am Tag geachtet werden.

Sollte es trotz Vorsichtsmaßnahmen und Medikamenten dennoch zu einem akuten Gichtanfall kommen, hat es sich als hilfreich erwiesen, das betroffene Gelenk hochzulagern, es zu kühlen, und die Bettdecke vom empfindlichen Gelenk fernzuhalten.

Quellen:

  • Christopher M Burns and Robert L. Wortmann. Clinical Features and Treatment of Gout. In: Firestein GS, Budd RC, Herris ED Jr, et al. eds. Kelley's Textbook of Rheumatology. 9th ed. Philadelphia, PA: Elsevier Saunders; 2012: chap 95.
  • Ragab Gaafar, Mohsen Elshahaly and Thomas Bardin. Gout: An old disease in new perspective - A review. J Adv. Res. 2017 Sep;8(5):495-511. doi: 10.1016/j.jare.2017.04.008.
  • Engel B, Just J, Bleckwenn M, Weckbecker K: Treatment options for gout. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 215–22. DOI: 10.3238/arztebl.2017.0215.
  • Patrick Frei, Rheumaliga Schweiz. Broschüre: Gicht und Pseudogicht. Herausgeber – © by Rheumaliga Schweiz, 2016.

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