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Depression: Symptome, Behandlung, Prognose

So häufig die Erkrankung auch ist, so wenig "salonfähig" sind Depressionen in der heutigen Gesellschaft nach wie vor. Dabei haben sie nichts mit einem vorübergehenden Stimmungstief zu tun, wie es jeder von uns kennt. Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die schwerwiegend sein kann und für die Betroffenen gravierende Folgen hat. Wir wollen Sie in diesem Beitrag umfassend über die Depression informieren: wie es dazu kommt, wie sie zu erkennen ist und wie man sie heilen und überwinden kann.

Was ist eine Depression?

Eine Depression äußert sich durch das Auftreten einer gedrückten, traurigen Stimmung, die mit Interessenlosigkeit und Freudlosigkeit sowie mit einer deutlichen Antriebsverminderung einhergeht. Diese Beschwerden bleiben definitionsgemäß über einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen bestehen, sind nicht durch äußere Reize beeinflussbar und schränken das Leben der betroffenen Person deutlich ein.

Jeder kennt traurige Tage und trübe Stimmungen. Doch nicht jeder, der Traurigkeit empfindet oder unter Kummer leidet, ist auch gleich depressiv. In Abgrenzung zu einer echten Depression sind diese Stimmungslagen häufig auf ein konkretes Lebensereignis zurückzuführen, lassen sich aktiv beeinflussen und verschwinden wieder, sobald die auslösende Ursache behoben bzw. der Grund für die Trauer verarbeitet wurde.

Typisch: nichts mehr fühlen können

Bei einer Depression jedoch wird vielfach ein „Gefühl der Gefühllosigkeit“ beschrieben. Dieses Gefühl ist sehr typisch für eine „echte“ Depression. Es äußert sich durch die Unfähigkeit, Gefühle jeglicher Art empfinden zu können. Weiterhin treten bei einer Depression, abgesehen von der traurigen Stimmung, oft folgende Symptome auf:

  • Konzentrationsprobleme
  • Schlafstörungen
  • Vermindertes Selbstwertgefühl
  • Keine Lust auf Sex, Libido-Verlust
  • Kein Appetit
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Gewichtsveränderungen.

Der schwere Gang zum Arzt

Viele Betroffene ahnen, dass sie eine Depression haben, gehen aber lange Zeit nicht zum Arzt. Das hat viel damit zu tun, dass psychische Erkrankungen noch immer stark stigmatisiert sind. Dabei ist man mit einer Depression alles andere als allein. Depressionen gehören in Deutschland mittlerweile zu den häufigsten Erkrankungen. Und was noch wichtiger ist: Insbesondere, wenn sie früh erkannt und akzeptiert wird, lässt sich eine Depression meist auch gut behandeln.

Die Behandlung der Depression richtet sich dabei nach dem Schweregrad der Erkrankung: Während leichte Depressionen allein durch gesprächstherapeutische Maßnahmen und weiteren Methoden der Psychotherapie behandelt werden können, kommt bei schweren Depressionen in der Regel eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie zum Einsatz.

Ursachen einer Depression

Nur selten lassen sich Depressionen auf eine einzelne Ursache zurückführen. In der Regel braucht es mehrere Faktoren die zusammenwirken, damit eine Depression entstehen kann. Ärzte sprechen hier von einer multifaktoriellen Genese oder einem bio-psycho-sozialen-Modell der Krankheitsentstehung.

Gemeint ist damit, dass unterschiedliche genetische und körperliche sowie psychische und psychosoziale Einflüsse zusammenwirken und so die Entstehung der Depression verursachen. Demzufolge kann auch nicht jede Depression auf dieselbe Art und Weise behandelt werden. Das macht deutlich, wie wichtig die Identifizierung der individuellen Ursachen sein kann.

Genetische Ursachen

Aus unterschiedlichen Studien geht hervor, dass eine gewisse Veranlagung für Depressionen über die Gene weitergegeben wird. Welche das sind, ist allerdings größtenteils noch unbekannt. Dies erklärt aber die Häufung der Erkrankung in manchen Familien. Wer beispielweise einen Verwandten ersten Grades mit Depressionen hat, trägt selbst ein Risiko von 25-30%, an einer Depression zu erkranken. In der Allgemeinbevölkerung wird das Lebenszeitrisiko je nach Studien und Quelle etwa mit 10-15% beziffert.

Körperliche Ursachen

In vielen Fällen einer Depression kommt es zeitgleich zum Erkrankungsbeginn zu einer Verarmung an bestimmten Neurotransmittern im Gehirn. Dass eine verminderte Konzentration an Noradrenalin, Dopamin und vor allen Serotonin direkt mit dem Auftreten der Depression zusammenhängt, steht fest. Allerdings ist nicht so ganz klar, wer die Henne und wer das Ei ist. Kommt erst der Neurotransmitter-Stoffwechsel durcheinander und dann geht’s einem schlecht, oder geht es einem aus ganz anderen Gründen schlecht und daraufhin werden Serotonin & Co gehemmt?

Fakt ist: Die Neurotransmitter sind für die Kommunikation von Nervenzellen im Gehirn zuständig. Sie sind außerdem mitverantwortlich für die Verarbeitung von Eindrücken, aber auch für die Entstehung von Gefühlen. Ein Mangel kann folglich zu einem Ungleichgewicht und damit zu Gefühlsarmut führen, was sich in Depressionen niederschlägt.

Ein Sonderfall sind Depressionen, die infolge schwerwiegender Erkrankungen wie Krebs- oder Schmerzleiden entstehen. Hier wird von sekundären Depressionen gesprochen, die sich meist reaktiv im Zuge einer unvollständigen Krankheitsverarbeitung entwickeln. Fehlt hingegen eine klar erkennbare äußere Ursache, handelt es sich um eine sogenannte primäre oder endogene Depression.

Psychische & psychosoziale Ursachen

Aus verschiedenen Studien geht hervor, dass negativer und chronischer Stress in Depressionen münden kann. Stress ist dabei ein sehr weitgefächerter Begriff: Während manche Menschen durch ihren beruflichen Alltag gestresst werden, ist Stress für andere mit einer belastenden Familiensituation, einem körperlichen Trauma oder einer chronischen Erkrankung assoziiert.

Der Körper reagiert auf Stress mit der Ausschüttung des Hormons Kortisol. Dieses dient kurzfristig der Mobilisation von Reserven und hilft dabei, mit einer stressigen Situation umzugehen. Längerfristig erhöhte Kortisolspiegel können jedoch zu Beschwerden führen, wie sie bei einer Depression auftreten. Aus dieser Beobachtung wurde ein Zusammenhang zwischen einem Kortisol-Ungleichgewicht und der Entstehung von Depressionen abgeleitet.

Doch nicht jeder, der unter Stress steht, erkrankt automatisch an Depressionen. Hier scheinen sich genetische Veranlagungen und erlernte Verarbeitungsmechanismen bemerkbar zu machen. Häufig steht der Krankheitsausbruch in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer belastenden Lebenssituation oder einem einschneidenden Lebensereignis wie dem Tod eines nahen Angehörigen, der Geburt eines Kindes oder dem Eintritt ins Rentenalter. Hier scheint die Depression aus einer mangelnden Anpassung an die neue Situation zu resultieren.

Symptome der Depression

Nicht jede Depression zeigt sich auf gleiche Art und Weise. Die Beschwerden beginnen aber oft schleichend und sind wenig spezifisch: Während sich der eine immer müde, energie- und antriebsarm fühlt, leidet ein anderer unter körperlichen Beschwerden wie Appetitlosigkeit oder Bauchschmerzen. Gerade zu Beginn der Erkrankung werden die Symptome häufig übersehen oder ganz anderen Gründen zugeordnet, was die Diagnosestellung erschweren und verzögern kann.

Die drei Hauptsymptome einer Depression sind:

  • gedrückte, traurige Stimmung, die über die meiste Zeit des Tages, an fast jedem Tag besteht
  • Verlust an Interessen und Tätigkeiten, die bisher immer Freude bereitet hatten
  • Antriebsarmut und eine rasche, nicht durch die ausgeübten Tätigkeiten begründbare Ermüdbarkeit

Beschwerden von Person zu Person sehr unterschiedlich

Wie auch zu Beginn, gestaltet sich der Verlauf der Erkrankung sehr individuell. Während manche Menschen so antriebsarm sind, dass sie es kaum schaffen, den Haushalt zu bewältigen, werden andere von Versagensängsten und Hoffnungslosigkeit gequält, schaffen es aber, einem geregelten Alltag nachzugehen.

Zu den drei Leitsymptomen der Depression können weitere Beschwerden hinzukommen. Auf psychischer Ebene sind das vor allem:

  • geringere Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit
  • vermindertes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl
  • negative Zukunftsgedanken bzw. Zukunftsängste
  • Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
  • Gedanken an (bzw. versuchte) Selbstverletzung oder Suizidhandlungen

Daneben können auch auf körperlicher Ebene Symptome auftreten. Hierzu zählen:

  • Appetitverlust, der zu einem Gewichtsverlust von mehr als 5% des Körpergewichts in den letzten 30 Tagen geführt hat
  • Libido-Verlust
  • Schlafstörungen, die klassischerweise mit frühmorgendlichem Erwachen einhergehen
  • Morgentief (Antriebshemmung tritt vor allem morgens auf, das „in die Gänge kommen“ fällt sehr schwer)
  • Engegefühl in der Brust, das von Herzrhythmusstörungen oder Herzklopfen begleitet sein kann
  • Kopf- und Bauchschmerzen, die sich keiner anderen Ursache zuordnen lassen
  • Schwindel und Kreislaufbeschwerden

Manchmal auch nur körperliche Beschwerden

Bei älteren Menschen, aber auch bei Kindern, können sich Depressionen allein durch körperliche Beschwerden zeigen. Für die Beschwerden lassen sich dann jedoch keine behandelbaren körperlichen Ursachen finden, was dazu führt, dass die Betroffenen erfolglos viele Ärzte aufsuchen (oder von Arzt zu Arzt geschickt werden). In diesem Falle wird von einer larvierten Depression gesprochen.

In manchen Fällen wirkt sich die Depression auch auf den Antrieb aus. Viele Betroffene äußern eine reduzierte Mimik und körperliche Bewegbarkeit (gehemmte Depression). Andere hingegen fühlen sich innerlich getrieben, sind immerzu in Bewegung und kommen nur selten zur Ruhe (agitierte Depression).

In sehr schweren Fällen kann ein „Gefühl der Gefühllosigkeit“ auftreten, was als sehr quälend empfunden wird. Dabei ist die Stimmungslage so reduziert bzw. auf ein bestimmtes Niveau herabgesetzt, dass auch größere Erfolge oder schwere Einschläge keine Veränderung der Stimmungslage in die eine oder die andere Richtung mehr herbeiführen können. Betroffene fühlen sich wie gefangen und wirken auf ihr Umfeld teilnahmslos.

Diagnose der Depression

Obwohl eine rasche Diagnose und Behandlung der Depression sehr wichtig sind, vergeht häufig viel Zeit zwischen dem Auftreten der ersten Beschwerden und dem Therapiebeginn. Dies liegt vor allem daran, dass Betroffene und Ärzteschaft die anfangs doch sehr unspezifischen Beschwerden oftmals nicht richtig wahrnehmen oder falsch einordnen. Weiterhin fällt es Erkrankten vielfach schwer, sich die Beschwerden einzugestehen und darüber zu sprechen, da Depressionen immer noch stark stigmatisiert sind.

Zur Diagnosestellung ist ein ausführliches Gespräch mit einem Arzt oder Psychologen unumgänglich. Anhand standardisierter Fragebögen bzw. Anamnese-Leitfäden kann herausgefunden werden, ob eine Depression vorliegt und wie schwer diese ist.

Die Diagnosekriterien gelten dann als erfüllt, wenn zwei bis drei der oben aufgeführten Hauptsymptome (gedrückte, traurige Stimmung, Interessenverlust/Freudlosigkeit und Antriebsarmut) über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen bestehen.

Je nachdem, ob und welche weiteren Beschwerden auftreten, wird die Depression in drei Schweregrade unterteilt: leicht, mittel oder schwer. Diese Einteilung ist wichtig, um die richtigen Behandlungsmethoden auswählen zu können.

Bipolar oder unipolar

Neben dem Schweregrad wird immer auch die Art der Depression bestimmt, um ein besseres Bild über die Erkrankung zu erhalten und ggf. auch eine Aussage über die Prognose treffen zu können. Eine einmalig aufgetretene Phase einer Depression wird als depressive Episode bezeichnet. Wiederholen sich diese Phasen, handelt es sich um eine rezidivierende (wiederkehrende) depressive Störung. Wechseln sich Phasen der Depression mit Phasen von Hochstimmung (Manie) ab, wird von einer bipolaren Störung gesprochen. Diese ist meist schwerer zu erkennen und zu behandeln als die unipolare Depression, also eine Depression ohne diese Wechsel.

Leichte depressive Verstimmungen, die nicht die Kriterien einer echten Depression erfüllen, jedoch zwei Jahre und mehr anhalten, werden als Dysthymie bezeichnet. Eine ähnliche Stimmungsbeeinträchtigung liegt auch bei der Winterdepression (saisonal affektive Störung) vor, die vor allem im Herbst und Winter auftritt und durch fehlendes Tageslicht hervorgerufen wird.

Behandlung der Depression

Die Therapie einer Depression stützt sich in der Regel auf die beiden Säulen medikamentöse Behandlung und Psychotherapie. In vielen Fällen werden beide Ansätze kombiniert eingesetzt, wobei immer der Schweregrad und die Art der Depression sowie auch der Wunsch des Patienten in die Therapieentscheidung miteinfließen.

Auch Abwarten möglich

Für eine leichte Depression können zwei Therapiekonzepte in Betracht gezogen werden:

  • In Absprache zwischen Patient und Arzt kann zunächst zugewartet werden. Dieses Konzept des „abwartenden Offenlassens“ wird häufig in der Allgemeinmedizin eingesetzt und basiert auf der Idee, dass sich viele Beschwerden von allein wieder geben. Bei leichten Depressionen ist dieses Konzept in Absprache zwischen Arzt und Betroffenem durchaus zu erwägen. Anstelle einer ärztlich verordneten Behandlung sollte verstärkt auf Allgemeinmaßnahmen wie Sport und sozialer Austausch zurückgegriffen werden.
  • Verschwinden die Beschwerden nicht oder wünschen Sie als Betroffener eine direkte Behandlung, wird in der Regel mit einer Psychotherapie begonnen. Bei der leichten Depression wird also zunächst auf eine medikamentöse Behandlung verzichtet.

Vorgehen bei stärkeren Depressionen

Eine mittelschwere Depression kann entweder medikamentös oder psychotherapeutisch behandelt werden. Bei schweren Depressionen sollten sowohl Medikamente also auch eine psychotherapeutische Intervention zum Einsatz kommen.

Diese beiden therapeutischen Eckpfeiler wollen wir im Folgenden etwas ausführlicher vorstellen.

Psychotherapie

Es existieren viele verschiedene Formen der Psychotherapie. Bei Depressionen haben sich besonders verhaltens- und tiefenpsychologische Behandlungsansätze bewährt. Die Psychotherapie kann bei leichten Depressionen als alleinige Therapieform eingesetzt werden und wird bei mittelschweren bis schweren Depressionen mit einer medikamentösen Behandlung kombiniert.

Verhaltenstherapie

Zur Behandlung der Depression hat sich besonders die kognitive Verhaltenstherapie bewährt. Diese zielt darauf ab, depressive Verhaltensmuster und Denkstrukturen zu erkennen und in positive umzuwandeln, um so aus der gedanklichen Abwärtsspirale zu entkommen. Der Schwerpunkt dieses Behandlungsansatzes liegt also nicht in der Verhaltensänderung allein, sondern auch darin, automatisierte Gedanken zu erkennen, sich deren Auswirkung auf das Verhalten und die Gefühlsebene bewusst zu machen und anschließend zu steuern. Der Therapeut hilft dabei, Denkfehler aufzudecken und positive Gedanken zu generieren. Beispielsweise wird ein generalisiertes, negatives Denkschema wie „Ich trage immer an allem die Schuld“ schrittweise durch eines ersetzt, das nicht mehr von negativen Erwartungen geprägt ist: „Das letzte Mal war es meine Schuld, dieses Mal habe ich nichts zu verantworten“.

Die kognitive Verhaltenstherapie erzielt bei Depressionen relativ schnell sehr gute Behandlungserfolge, da Strategien erlernt werden, die jeden Tag im Alltag eingesetzt werden können.

Tiefenpsychologie

Die Tiefenpsychologie geht davon aus, dass unbewusste Konflikte aus der frühen Kindheit und Jugendzeit zur Entstehung der aktuellen Erkrankungen beigetragen haben. Demnach müssen diese inneren Konflikte aufgearbeitet werden, um eine Heilung herbeizuführen. Die Auseinandersetzung mit der unbewussten Vergangenheit dauert oft mehrere Jahre mit teilweise mehreren Terminen pro Woche, weswegen eine tiefenpsychologisch fundierte Psychoanalyse bei Depressionen nicht standardmäßig eingesetzt wird.

Dahingegen hat sich die Interpersonelle Psychotherapie (IP) als tiefenpsychologisches Verfahren zur Behandlung der Depression durchgesetzt. Dem Betroffenen wird dabei geholfen, interpersonelle Probleme zu lösen, die durch die Depression im zwischenmenschlichen Bereich entstanden sind. Ein wichtiger Aspekt ist außerdem die Auseinandersetzung mit krankmachenden Auswirkungen von Belastungssituationen und wie diese mit den vorhandenen Ressourcen bewältigt werden können. Der Vorteil der interpersonellen Therapie ist, dass sie nur 12 – 20 Sitzungen andauert und relativ früh Wirkung zeigt.

Begleitende Maßnahmen, die eine Psychotherapie positiv ergänzen können, sind der Aufbau bzw. der Erhalt einer aktiven, regelmäßigen Tagesstruktur sowie ein stabiles soziales Netzwerk.

Medikamentöse Therapie

Eine medikamentöse Behandlung der Depression mit Antidepressiva muss im Einzelfall abgewogen werden, kommt in der Regel aber erst ab einer mittelschweren Erkrankungsform zum Einsatz. Antidepressiva wirken auf sehr unterschiedliche Weise und je nach Person verschieden schnell und stark. Manchmal wirken bestimmte Mittel bei bestimmten Menschen auch gar nicht. Aus diesem Grunde gibt es nicht das eine Mittel der Wahl, das einen garantierten Nutzen bei jeder Depression bringen kann. Vielmehr geht es darum, ein Präparat zu finden, das eine individuell gute Wirksamkeit erzielt und möglichst wenige Nebenwirkungen hervorruft.

Die Therapie wird mit dem Medikament begonnen, von dem sich der Behandler die beste Wirkung erhofft. Tritt die gewünschte Wirkung auch nach Dosiserhöhung nicht ein oder fallen die Nebenwirkungen zu schwer aus, wird das Präparat gewechselt.

Vor- und Nachteile: was man wissen muss

Für den Anwender wichtig zu wissen ist, dass die Wirkung des Antidepressivums erst nach drei bis sechs Wochen vollständig eintritt, Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Gewichtszunahme und Verdauungsbeschwerden aber unter Umständen schon früher einsetzen können. Erst nach dieser Zeit kann also Bilanz gezogen und entschieden werden, ob das Präparat beibehalten oder ausgetauscht werden sollte.

Entgegen vieler Vorurteile machen Antidepressiva nicht süchtig und führen in der Regel auch nicht zu einer Veränderung der Persönlichkeit. Nebenwirkungen haben sie aber schon häufiger, vor allem in den ersten Wochen der Behandlung. Und auch das Absetzen der Tabletten kann Probleme verursachen, insbesondere wenn die Dosis zu schnell reduziert wird.

Nach den S3-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) sollten Antidepressiva bei einer ersten depressiven Episode über einen Zeitraum von 4-9 Monaten nach Verschwinden der Beschwerden eingenommen werden. Bei zwei oder mehr depressiven Episoden sollte eine Therapie über mindestens zwei Jahre erfolgen. Nach dieser Phase können die Präparate in Rücksprache mit dem Arzt schrittweise reduziert und schließlich ganz weggelassen werden. In vielen Fällen gelingt das Absetzen dann, ohne dass es zu einer neuerlichen Krankheitsepisode kommt.

Trizyklische & Tetrazyklische Antidepressiva

Trizyklische und tetrazyklische Antidepressiva zählen zu den ältesten Wirkstoffklassen zur Behandlung der Depression. Sie beeinflussen die Konzentration vieler verschiedener Neurotransmitter im Gehirn. So wird die Aktivität von Noradrenalin, Serotonin und Dopamin erhöht, was sich antriebssteigernd und stimmungsaufhellend auswirkt. Der Name der Wirkstoffgruppe bezieht sich aber auf die chemische Struktur, nicht auf die Zahl der beeinflussten Neurotransmitter.

Gleichwohl ist diese vielseitige Wirkung auch ein Problem: Sie führt zu einem breiten Spektrum an Nebenwirkungen, was ein entscheidender Nachteil dieser Medikamentengruppe ist.

Wirkstoffe der Gruppe der Trizyklika sind:

  • Amitriptylin (z.B. Saroten®)
  • Clomipramin (z.B. Anafranil®)
  • Doxepin (z.B. Aponal®)
  • Imipramin (z.B. Tofranil®)
  • Nortriptylin (z.B. Nortrilen®)
  • Trimipramin (z.B. Herphonal®, Stangyl®)

Wirkstoffe der Gruppe der Tetrazyklika sind:

  • Maprotilin (z.B. Ludiomil®)
  • Mianserin (z.B. Tolvin®)
  • Mirtazapin (z.B. Remergil®)

SSRI & SSNRI

Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (Selective Serotonin Reuptake Inhibitor = SSRI) sind die wohl bekanntesten Antidepressiva. Welche Medikamente alle dazugehören, ist unten aufgelistet. SSRI wirken im Gegensatz zu den tri- und tetrazyklischen Antidepressiva nur auf den Botenstoff Serotonin. Sie hemmen die Wieder-Aufnahme von Serotonin in die Gehirnzellen und erhöhen damit die frei verfügbare Menge dieses stimmungsaufhellenden Botenstoffs.

Die selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (Selective Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor = SSNRI) hemmen entsprechend die Aufnahme von Serotonin und Noradrenalin. Über diesen Mechanismus wirken die Vertreter dieser beiden Gruppen relativ gezielt stimmungsaufhellend und auch gegen Ängste, führen jedoch häufiger auch zu Herz-Kreislauf Beschwerden, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Problemen.

Wirkstoffe der Gruppe der SSRI sind:

  • Citalopram (z.B. Cipramil®, Seropram®)
  • Escitalopram (z.B. Cipralex®)
  • Fluoxetin (z.B. Fluxet®, Prozac®)
  • Fluvoxamin (z.B. Fevarin®)
  • Paroxetin (z.B. Paroxat®, Seroxat®)
  • Sertralin (z.B. Zoloft®)

Wirkstoffe der Gruppe der SSNRI sind:

  • Duloxetin (z.B. Cymbalta®)
  • Milnacipran (z.B. Milnaneurax®)
  • Venlafaxin (z.B. Trevilor®)

MAO-Hemmer

Weitere Medikamente sind Moclobemid (z.B. Aurorix®, Rimoc®) und Tranylcypromin (z.B. Jatrosom®), die der Gruppe der MAO-Hemmer angehören, heute aber nur noch selten verwendet werden. Wie der Name schon verrät, hemmen diese Medikamente das Enzym Monoaminooxidase (MAO), das normalerweise für den Abbau von Noradrenalin und Serotonin zuständig ist. Findet dieser Abbau nicht statt, erhöhen sich die frei verfügbaren Konzentrationen der Transmitter im Gehirn.

Ein Nachteil ist, dass auch andere Transmitter an anderen Orten des Körpers nicht abgebaut werden, sodass viele Nebenwirkungen die Folge sein können. Weiterhin muss bei der Einnahme von Tranylcypromin eine strenge Diät eingehalten werden, bei welcher auf Käse, dunkle Schokolade und Rotwein verzichtet werden muss.

Lithium

Wenn kein Antidepressivum ausreichende Wirkung gezeigt hat und auch sonstige Behandlungsansätze nicht erfolgversprechend waren, kann Lithium zum Einsatz kommen. Lithiumsalze gehören nicht zu der Klasse der Antidepressiva, können jedoch zur Augmentation eingesetzt werden. Das bedeutet, dass sie die Wirkung herkömmlicher Antidepressiva bei gleichzeitiger Einnahme verstärken können. Da Lithium (z.B. Hypnorex®) aber nur in einem sehr engen Rahmen wirkt und bei Abweichungen von diesem Rahmen schwere Nebenwirkungen verursachen kann, sollte es nur durch einen erfahrenen Arzt verschrieben werden. Zudem sind dann regelmäßige Kontrollen notwendig.

Medikamente nicht zu voreilig absetzen

Ein wichtiger Aspekt, der vielfach unterschätzt wird, ist die Absetz-Problematik bei den Medikamenten. Und zwar gleich in zweifacher Hinsicht:

  • 1. Sie sollten die Antidepressiva nicht voreilig absetzen.
  • 2. Und Sie sollten beim Absetzen schrittweise vorgehen.

Zunächst zu Punkt 2: Ein zu plötzlicher Stopp der medikamentösen Therapie kann zu starken psychischen und körperlichen Nebenwirkungen führen. Das sind keine Entzugserscheinungen im eigentlichen Sinne, weil Antidepressiva nicht abhängig machen. Aber es sind gleichwohl sehr unangenehme Symptome, die sich vermeiden lassen, wenn man die Dosierung in Abstimmung mit dem Arzt behutsam und schrittweise vornimmt.

Dann zu Punkt 1: Etwa sechs Wochen nach Beginn einer Behandlung mit Antidepressiva kommt es normalerweise zum Wirkungseintritt. Nach weiteren sechs bis acht Wochen fühlen sich viele Betroffene durch die Tabletten und begleitende Therapie schon wieder so gut, dass die Medikamenteneinnahme überflüssig erscheint. Ein Trugschluss! Damit das hormonelle Gleichgewicht im Gehirn aufrechterhalten bleibt, müssen die Medikamente meist länger eingenommen werden, auch wenn die akute depressive Verstimmung überwunden ist. Frühzeitiges Absetzen kann einen Rückfall provozieren. Im Zweifel sollten Sie in jedem Fall ausführlich darüber mit Ihrem Arzt sprechen.

Weitere Behandlungsmaßnahmen

Je nach Wunsch des Patienten bzw. Erfahrungen und Vorlieben des Arztes stehen noch eine Reihe weiterer Behandlungsmethoden zur Verfügung, die bei Depressionen unterstützend eingesetzt werden können:

Lichttherapie

Die Lichttherapie wird vor allem bei Winterdepressionen eingesetzt. Hierbei erhält mab direkt nach dem Aufwachen eine „Lichtdusche“ aus künstlichem Licht. Die Wirkung basiert vermutlich auf einer verminderten Melatonin-Ausschüttung im Gehirn. Melatonin wird eine depressionsfördernde Wirkung zugeschrieben. Demzufolge lassen die Beschwerden bei einer verminderten Produktion und Ausschüttung des Hormons nach.

Schlafentzugstherapie

Bei dieser Therapieform wird dem Betroffenen kurzzeitig vollständig oder teilweise (in der Regel dann in der zweiten Nachthälfte) der Schlaf entzogen. Die kurzfristige antidepressive Wirkung, die nach einem Therapiezyklus einsetzt, hält in der Regel jedoch nicht lange an. Die depressive Symptomatik kehrt meist zurück, wenn wieder eine Nacht normal geschlafen wird.

Elektrokrampftherapie

Die Elektrokrampftherapie wird als letztes Mittel bei schweren Depressionen eingesetzt, wenn weder Medikamente noch andere Behandlungsmethoden zu einer Besserung der Beschwerden geführt haben. Unter Narkose, Muskelentspannung und Beatmung wird das Gehirn direkt elektrisch stimuliert, sodass es zu einem Krampfanfall kommt. Damit ein Erfolg erzielt werden kann, muss der Eingriff mehrmals wiederholt werden. Hierfür ist jedes Mal ein Krankenhausaufenthalt notwendig.

Warum diese Methode bei Depressionen wirksam sein kann, ist bisher noch unklar. In Studien konnten jedoch gute Ergebnisse ohne die Erzeugung von bleibenden Schäden erzielt werden.

Allgemeinmaßnahmen

Unterstützend sollte bei Depressionen regelmäßig Sport getrieben werden. Bewegung fördert die Ausschüttung von Adrenalin und Dopamin und kann damit das Wohlbefinden steigern. Zudem ist es wichtig, einem gut strukturierten Alltag nachzugehen und sozial stark eingebunden zu sein. Allgemeinmaßnahmen alleine reichen oft nicht aus, um die Depression zu heilen, können den Genesungsprozess jedoch unterstützen und sind wichtig, um weiteren depressiven Episoden vorzubeugen.

Prognose & Rückfallverhütung

Die Prognose einer Depression hängt von sehr vielen Faktoren ab und kann im Einzelfall nur schwer vorhergesagt werden. Entscheidend für den Verlauf der Erkrankung sind die Anzahl der bisher durchgemachten depressiven Episoden, die zeitliche Dauer jeder Episode sowie der Schweregrad der Erkrankung. Aber auch der Zeitpunkt des Therapiebeginns sowie das Ansprechen auf Medikamente und Psychotherapie sind entscheidend für eine günstige Prognose.

Aus zahlreichen Studien geht hervor, dass depressive Episoden in zwei von drei Fällen selbstlimitierend verlaufen und sich auch ohne Behandlung nach sechs bis acht Monaten von ganz alleine geben. Eine Therapie bietet aber zwei Vorteile: Zum einen kann die aktive Krankheitsphase verkürzt werden und zum anderen wird durch eine gezielte Behandlung das Risiko vermindert, erneut eine depressive Episode durchmachen zu müssen. Bei einem Drittel aller Betroffenen bessern sich die Beschwerden mit und ohne Therapie jedoch nur partiell bzw. gehen bei 15% sogar in eine chronische Depression über. Dennoch sind die Heilungschancen einer Depression gut:

  • Unbehandelt verschwinden zwei Drittel der depressiven Episoden von alleine wieder;
  • etwa die Hälfte dieser Patienten erleidet einen zweiten depressiven Schub;
  • die andere Hälfte hat die Krankheit vollständig überwunden.

Leider kann nicht vorhergesagt werden, wer welcher Gruppe angehört. Fakt ist jedoch, dass begleitende Erkrankungen wie Zwangs- oder Angststörungen sowie der Konsum von Alkohol und Drogen sich negativ auf den Verlauf der Erkrankung auswirken und das Risiko erhöhen, einen Rückfall zu erleiden.

Rückfall nicht als Niederlage wahrnehmen

Nach Abschluss der ärztlich verordneten Behandlung finden sich viele Betroffene in einer gewissen Untätigkeit wieder. Mit der Therapie ist ein großer Schritt geschafft, doch was kommt danach? Um diese Beschäftigungslosigkeit zu umgehen, sollten bereits während der Therapie Hobbies und Leidenschaften wie Sport oder Kunst wiederaufgenommen oder neu begonnen werden. Schwerere Phasen können dann aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln besser bewältigt werden.

Trotz allem können Rückfälle Teil der Depression sein und sollten nicht als persönliche Schwäche oder Niederlage angesehen werden. Viel wichtiger ist es, die Warnzeichen zu erkennen und schnellstmöglich dagegen zu steuern. Dies gelingt am besten durch einen offenen Umgang mit der Erkrankung.

Alltag mit Depressionen & Selbsthilfe

Mit einer Depression zu leben, fällt vor allem zu Beginn schwer. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass Depressionen ein weit verbreitetes Krankheitsbild sind, für deren Entstehung niemand etwas kann. Depressionen sind nicht Ausdruck von Versagen oder persönlicher Schwäche.

Der offene Umgang mit der Erkrankung hilft dabei, Stigmata abzubauen. Viele Betroffene fürchten, auf Unverständnis und Ablehnung zu treffen, wenn sie über Ihre Krankheit sprechen. In der Regel ist das Gegenteil der Fall.

Auch weitere Behandlungsangebote wahrnehmen

Parallel zur Psychotherapie können weitere unterstützende Therapiemöglichkeiten in Anspruch genommen werden. Nach Abschluss der ärztlichen Behandlung können sie als Mittel zur Selbsthilfe in akuten Situationen eingesetzt werden. Die Bandbreite ist dabei sehr weit gefächert und reicht über Bewegungs- und Kunsttherapie bis hin zu Gruppenunternehmungen. Den größten positiven Effekt scheint dabei der Sport zu haben, der sowohl präventiv auf eine neuerliche Krankheitsepisode als auch therapeutisch im akuten Krankheitsfall wirksam ist.

Selbsthilfegruppen sind eine weitere Möglichkeit, den Alltag zu bewältigen. Besonders nach Ende der Therapie können Gespräche mit anderen Betroffenen helfen, sich verstanden und nicht alleine gelassen mit seinen Sorgen und Ängsten zu fühlen. Der Anschluss an eine geeignete Gruppe gelingt im Zeitalter des Internets in der Regel sehr einfach. Auch online gibt es Möglichkeiten, sich über seine Erfahrungen auszutauschen.

Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression, 2. Auflage 2015, online unter www.awmf.org (Abruf August 2019).
  • Michael Rentrop, Rupert Müller, Hans Willner: Klinikleitfaden Psychiatrie Psychotherapie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag, 2016.
  • Siegfried Kasper, Hans-Jürgen Möller: Herbst-/Winterdepression und Lichttherapie. Springer-Verlag, 2011.

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