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Borreliose: vom Zeckenbiss bis zur Behandlung

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Die Borreliose ist eine Infektionskrankheit, die durch Zecken übertragen wird. Steht die Diagnose fest, werden Antibiotika verabreicht. Früh entdeckt und behandelt, ist die Prognose der Borreliose sehr gut. Mehr dazu erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Was ist Borreliose?

Der Begriff "Borreliose"

Mit dem Begriff " Borreliose" werden verschiedene Krankheiten zusammengefasst. Gemeinsam ist ihnen, dass sie durch bestimmte Bakterien, die sogenannten Borrelien, verursacht werden.

Bei den Borrelien gibt es viele Unterarten, die beim Menschen wiederum unterschiedliche Erkrankungen auslösen können. Zu den häufigsten Krankheitsbildern in Europa und den USA gehört die Lyme-Borreliose. Daher wird in diesen Ländern der Begriff "Borreliose" meist mit der Erkrankung "Lyme-Borreliose" gleichgesetzt. Die Bezeichnung "Lyme" geht dabei auf die Stadt Lyme im Bundesstaat Conneticut (USA) zurück. Hier wurde die Erkrankung im Jahr 1975 erstmalig beschrieben.

Übertragung der Lyme-Borreliose: Der Zeckenstich

Der häufigste Weg, auf dem die krankheitsverursachenden Borrelien in den menschlichen Körper gelangen, ist der Zeckenstich. Nur Zecken, in deren Darm sich die Erreger befinden, können auch eine Lyme-Borreliose übertragen. Demnach ist das Risiko, sich mit den Borreliosebakterien anzustecken, unter anderem abhängig davon, wieviele Zecken befallen sind.

In Deutschland können sich Menschen grundsätzlich in allen Bundesländern infizieren, jedoch gibt es regionale Schwankungen. Außerdem ist die Infektionsgefahr auch von der Aktivität der Zecken abhängig. Von Frühsommer bis Herbst ist die Gefahr der Ansteckung am größten. Allerdings sind Zeckenstiche auch im Winter nicht ausgeschlossen. Bisher gibt es noch keine Hinweise darauf, dass die Erkrankung von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.

Nicht jeder Zeckenstich führt zur Krankheit

Nicht jeder Mensch, der von einer mit Borrelien infizierten Zecke gestochen wird, erkrankt auch an einer Lyme-Borreliose. Das Risiko, sich mit den Erregern zu infizieren, hängt auch davon ab, wie lange die Zecke Zeit hat für ihre Blutmahlzeit. Wird die Zecke frühzeitig entdeckt und entfernt, so ist das Übertragungsrisiko sehr gering. Das Infektionsrisiko steigt erst nach 12 Stunden stark an.

Aber selbst dann, wenn es die Erreger schaffen, aus dem Darm der Zecke in den Körper des Wirts zu gelangen, kann eine Infektion bei einem Teil der Betroffenen durch das Immunsystem so gut bekämpft werden, dass die Infektion völlig unbemerkt ablaufen kann. Schätzungen zufolge kommt es aktuell bundesweit zu etwa 200.000 Neuerkrankungen pro Jahr.

Ein Chamäleon unter den Infektionskrankheiten

Die Lyme-Borreliose wird oft als ein Chamäleon unter den Infektionskrankheiten bezeichnet, da es keinen typischen Krankheitsverlauf gibt. Außerdem sind die Symptome oft nur schwer von denen anderer Erkrankungen abzugrenzen.

Bei etwa der Hälfte der Infizierten tritt kurze Zeit nach der Übertragung der Krankheitserreger eine charakteristische Wanderröte auf, die man auch als Erythema migrans bezeichnet. Sie tritt als roter Ring zunächst um die Einstichstelle in Erscheinung und wandert dann im Verlauf immer weiter nach außen. Begleitet wird ein Erythema migrans manchmal auch von Fieber-, Muskel- und Kopfschmerzen.

Nach mehreren Monaten bis Jahren kann es als Spätkomplikation auch zu bestimmten Hautveränderungen, chronischen Gelenkbeschwerden sowie Erkrankungen des Nervensystems und des Herzens kommen.

Bei frühzeitiger Antibiotika-Therapie gute Heilungschancen

Bei Auftreten von Krankheitssymptomen nach einem Zeckenstich ist eine frühzeitige Behandlung mit Antibiotika sehr wichtig. Diese werden gewöhnlich in Tablettenform eingenommen. Dauer und Dosierung richten sich nach dem klinischen Bild. Je früher behandelt wird, desto besser können Spätkomplikationen verhindert werden. Komplikationen oder chronische Beschwerden treten daher gewöhnlich nur dann auf, wenn die Krankheit nicht frühzeitig oder nicht richtig behandelt wird.

Ursachen

Die Erreger

Die Erreger der Lyme-Borreliose sind Borrelien aus einer Gruppe verschiedener Bakterienarten, dem sogenannten Komplex Borrelia burgdorferi sensu lato. Es handelt sich um Bakterien, die vor allem Zecken, Vögel und Säugetiere befallen.

Interessant ist, dass verschiedene Arten der Borrelien auch leicht unterschiedliche Krankheitsbilder hervorrufen können. So ist beispielsweise bekannt, dass die Art Borrelia burgdorferi vor allem Gelenkbeschwerden hervorruft, während bei einer Infektion mit der Art Borrelia garinii vorrangig neurologische Symptome auftreten.

Zecken als Überträger

Mit Borrelien infizierte Zecken sind die Hauptüberträger der Lyme-Borreliose. Sie ist die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung. In Europa ist es vor allem die Zeckenart Ixodes ricinus (der gemeine Holzbock), in den USA die Art Ixodes scapularis, die die Krankheit auf den Menschen übertragen.

Die Zecken selbst infizieren sich mit den Borrelien beim Saugen des Blutes kleiner Säugetiere (v.a. Feldmäuse und Ratten). Es wird angenommen, dass in den meisten europäischen Regionen etwa 10-20% der Ixodes-ricinus-Zecken mit dem Erreger der Lyme-Borrliose infiziert sind. Dennoch schwankt die Durchseuchungsrate regional und kann in einigen Gegenden bis zu 30% betragen. In Deutschland besteht momentan in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen, Baden-Württemberg und Bayern ein besonders hohes Risiko, an einer Lyme-Borreliose zu erkranken.

Ixodes-ricinus-Zecken leben auf dem Erdboden und sind bis zu einer Höhe von 70 cm in niedrigem Gewächs anzutreffen, wo sie auf ihren Wirt lauern. Menschen können daher nur bei Aktivitäten in niedrigem Gewächs oder über Haustiere befallen werden. Zecken können mit ihren Sinnesorganen ihren Wirt bis zu 15 m Entfernung wahrnehmen.

Generell kann die Zecke Borrelien in allen Entwicklungsstadien übertragen. Am häufigsten ist jedoch die Übertragung im sogenannten Nymphenstadium im Frühjahr und Sommer, weil Nymphen nur 1-2 mm groß sind und deshalb leicht übersehen werden. Ausgewachsene (adulte) Zecken können ebenfalls Borrelien übertragen und sind eher im Herbst und Winter aktiv.

Der Zeckenstich

Gelangt eine Zecke auf ihren Wirt, kann es prinzipiell an jeder Körperstelle zu einem Stich kommen. Beim Menschen werden oft besonders geschützte Bereiche bevorzugt, wie z.B. die Kopfhaut, die Achselhöhlen, die Kniekehle, die Leistengegend, Bereiche unterhalb der weiblichen Brust oder am Bauchnabel.

Beim Stich ritzt die Zecke zunächst die Haut ein und schiebt dann ihren Stechapparat vor. Anschließend gelangen mit dem Speichel auch entzündungs- und gerinnungshemmende Stoffe in die Wunde. So wird das Bluten und Jucken der Wunde gehemmt. Schließlich verankert die Zecke sich mit den Widerhaken ihres Stechapparates.

Eine ungestörte Blutmahlzeit kann bis zu mehrere Tage dauern. Die Zecke vergrößert sich dabei und kann ein Vielfaches ihrer Ausgangsgröße annehmen.

Infektionsrisiko hängt von mehreren Faktoren ab

Bei der Übertragung der Borrelien auf den Menschen gilt: Je länger die Zecke saugt, desto größer wird die Gefahr, sich mit den Erregern anzustecken, da sich diese im Darm der Zecke befinden. Eine Übertragung kann in vielen Fällen auch erst nach 24 Stunden erfolgen. Wichtig ist jedoch immer, die Zecke so schnell wie möglich zu entfernen.

Studien haben gezeigt, dass sich 5-10% der Personen, die von einer Zecke gestochen werden, mit den Erregern infizieren. Geschätzt wird allerdings, dass nur 1-6% der infizierten Personen auch tatsächlich Krankheitssymptome aufweisen und an einer Lyme-Borreliose erkranken.

Eine bereits stattgefundene Infektion mit krankheitserregenden Borrelien kann man anhand der Reaktion des menschlichen Immunsystems beurteilen. Bei der Bekämpfung der Bakterien werden Abwehrstoffe freigesetzt (sogenannte Antikörper), die noch lange Zeit nach der Infektion im Blut nachgewiesen werden können. Ein Nachweis ist auch dann möglich, wenn die betroffene Person infiziert wurde, aber nicht erkrankt ist. In Deutschland tragen etwa 6% der Frauen und 13% der Männer Antikörper gegen Borrelien und haben somit eine Infektion durchgemacht.

Symptome

Nur ein kleiner Bruchteil der von Zecken gestochenen Menschen wird mit Borrelien infiziert. Von den infizierten Personen erkranken wiederum nur bis zu 6% an einer Lyme-Borreliose. Die Symptome, die dabei auftreten, sind sehr vielfältig. Da es keinen typischen Krankheitsverlauf gibt, wird die Lyme-Borreliose auch oft als ein Chamäleon unter den Infektionskrankheiten bezeichnet.

Grob gesehen kann man den Krankheitsverlauf bei vielen Betroffenen dennoch in eine frühe und eine späte Phase einteilen, an die sich noch eine chronische Phase anschließen kann. In vielen Fällen durchlaufen allerdings nicht alle Betroffenen alle Stadien. Außerdem kann es auch zu Überlappungen der Symptome zwischen den drei Stadien kommen. Von vielen Experten wird diese Einteilung deshalb als überholt angesehen. Aktuell wird eine Zweiteilung in eine Frühphase sowie eine Spätphase mit chronischen Symptomen vorgeschlagen, die auch in diesem Artikel übernommen wird.

1. Frühe Phase der Erkrankung

Wanderröte bzw. Erythema migrans

Etwa 3 bis 30 Tage nach einem Stich mit einer infizierten Zecke kann es zu der sogenannten "Wanderröte" kommen. Diese in Fachkreisen als Erythema migrans beschriebene Rötung erscheint klassischerweise in Ringform um die Einstichstelle und breitet sich dann auf der Haut immer weiter nach außen aus. Die Rötung kann auch als runder Fleck mit mehreren Zentimetern Durchmesser auftreten. Nicht verwechselt werden sollte diese Rötung allerdings mit einer allergischen Reaktion auf den Speichel der Zecke, die gewöhnlich nach einigen Stunden bis Tagen von selbst wieder abklingt.

Weitere Symptome

Wichtig ist es zu wissen, dass bei bis zu 50% der Infizierten überhaupt keine Rötung auftritt, obwohl eine Infektion mit Borrelien stattgefunden hat. In diesem Fall können weitere Symptome einen Hinweis auf die Infektion geben. So berichten Betroffene einige Tage nach einem Zeckenstich beispielsweise über Müdigkeit, Übelkeit, geschwollene Lymphknoten sowie Kopf- und Gliederschmerzen.

Erste Krankheitszeichen können mitunter auch erst Wochen bis Jahre nach der eigentlichen Infektion auftreten. Der Übergang zum Spätstadium ist dann fließend.

Folgende weitere Symptome können dabei hinzukommen:

  • Muskelschmerzen
  • Gelenkbeschwerden und Sehnenansatzentzündungen
  • Fieber
  • Sensibilitätsstörungen und Lähmungen
  • Kopfschmerzen
  • Herzrhythmusstörungen
  • Augenbeschwerden

Diese Symptome müssen nicht unbedingt chronisch andauern, sondern treten bei vielen Betroffenen zeitweise als Schübe auf. Es wechseln sich hier also krankheitsfreie Intervalle mit aktiven Phasen der Erkrankung ab. In jedem Fall sollte bei Auftreten der oben genannten Symptome nach einem Zeckenstich möglichst rasch eine Behandlung der Erkrankung erfolgen. Denn haben sich die Borrelien erst einmal im gesamten Körper verbreitet, kann es zu Organ- und Nervenschäden kommen, die nicht mehr geheilt werden können.

2. Späte Phase der Erkrankung: chronisches Stadium

An die Frühphase der Borrelien-Infektion kann sich entweder direkt die Spätphase anschließen; oder aber sie tritt erst nach einem beschwerdefreien Intervall von mehreren Monaten bis Jahren auf. Bei einigen infizierten Personen entwickeln sich chronische Beschwerden, auch ohne dass Symptome eines Frühstadiums wahrgenommen wurden. Demzufolge kann sich ein Teil der Betroffenen an keinen Zeckenstich oder ein Erythema migrans in der Vergangenheit erinnern.

Buntes Beschwerdebild

Nach der Ausbreitung der Erreger während der Frühphase können in der Spätphase der Erkrankung mehrere Organe befallen sein. Dies kann zu einer großen Vielfalt an Symptomen führen.

Unter anderem treten folgende Krankheitsanzeichen am häufigsten auf:

  • chronisches Krankheitsgefühl und Müdigkeit
  • Muskel- und Gelenkbeschwerden
  • chronische Gehirn- und Rückenmarksentzündungen
  • Nervenleitungsstörungen
  • psychische Beschwerden
  • Hautsymtpome
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Augenerkrankungen
  • Herzerkrankungen
  • Beschwerden der Harnwege und der Geschlechtsorgane

Eines der häufigsten Symptome dieses Stadiums ist die Lyme-Arthritis, bei der sich einzelne oder wenige Gelenke entzünden. Vor allem kommt es hier zu Entzündungen des Kniegelenks. Weiterhin kann sich im Rahmen einer sogenannten Neuroborreliose auch eine chronische Polyneuropathie entwickeln, die Sensibilitätsstörungen und Lähmungen hervorruft. Außerdem kann als Hautmanifestation die sogenannte Akrodermatitis chronica atrophicans auftreten, bei der die Haut an Armen und Beinen dünner wird und sich bläulich verfärbt.

Diagnose

Die vielen Gesichter der Borreliose

Viele der Symptome, die bei einer Infektion mit Borrelien auftreten, sind unspezifisch und können sehr leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt werden. So sind Fieber, Muskel- und Gliederschmerzen auch typisch für eine Grippe. Muskel- und Gelenkbeschwerden sind oft bei rheumatischen Erkrankungen zu finden, und die neurologischen Symptome bei einer Borreliose können je nach Ausprägung auch denen einer Multiplen Sklerose ähneln. Je nach Beschwerdebild kann es deshalb sein, dass unterschiedliche Untersuchungen zum Ausschluss anderer Erkrankungen durchgeführt werden müssen.

Die Diagnosestellung kann außerdem zusätzlich dadurch erschwert werden, dass sich viele Betroffene an keinen Zeckenstich erinnern können und nicht unbedingt das klassische Symptom einer Wanderröte entwickeln. In diesem Fall ist es für den Arzt ganz besonders wichtig, die genauen Umstände beim Auftreten der Symptome detailliert zu erfragen.

Einen Hinweis auf die Erkrankung kann zusätzlich auch der Nachweis bestimmter Abwehrstoffe gegen Borrelien im Blut geben. Mithilfe spezieller Methoden wird dabei untersucht, ob Abwehrstoffe des Körpers zum Schutz vor einer Borrelien-Infektion gebildet wurden. Diese Abwehrstoffe werden von bestimmten Immunzellen nur nach Kontakt mit Borrelien produziert und werden Antikörper genannt. Sie sind gegen Bestandteile von Borrelien, sogenannte Antigene, gerichtet und haben das Ziel, die Bakterien unschädlich zu machen. Zum Nachweis solcher borrelien-spezifischer Antikörper nutzen indirekte Testverfahren deshalb Antigene von Borrelien, um zu sehen, ob Antikörper im Blut der Testperson mit diesen Antigenen reagieren.

Nachweis von Antikörpern im Blut nicht immer eindeutig

In der Regel können im Blut selbst nur selten Borrelien nachgewiesen werden. Viel einfacher ist es, indirekt bestimmte Antikörper nachzuweisen, die vom Immunsystem bei Kontakt mit den Erregern gebildet werden.

Der Nachweis dieser Antikörper ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn auch entsprechende Beschwerden vorhanden sind, die auf eine aktuelle Infektion mit Borrelien hindeuten. Denn Antikörper gegen Borrelien im Blut sagen nur aus, dass der Körper bereits in der Vergangenheit Kontakt mit Borrelien hatte. Mit dem Nachweis von Antikörpern lässt sich also nicht unterscheiden, ob die Erkrankung bereits ausgeheilt ist oder aktuell aktiv ist und die Beschwerden verursacht.

Umgekehrt kann es auch sein, dass zwar Symptome einer Infektion vorhanden sind, allerdings keine Antikörper gegen Borrelien gefunden werden können. Dies tritt vor allem in der Frühphase der Erkrankung auf, wenn der Körper zwar bereits Kontakt mit den Bakterien hat, aber noch nicht ausreichend Zeit hatte, die entsprechenden Antikörper gegen den Erreger auszubilden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer "serodiagnostischen Lücke".

Indirekte Testverfahren: auch hier gibt es Haken

Bei den indirekten Testverfahren zum Nachweis borrelien-spezifischer Antikörper ist es möglich, in zwei Stufen vorzugehen. Zunächst wird ein ELISA-Suchtest vorgenommen. Erst wenn dieser positiv ausfällt, wird ein sogenannter Immunoblot als Bestätigungstest durchgeführt. Immunoblots erlauben anhand der erkannten Bandenmuster sogar Aussagen hinsichtlich des Erkrankungsstadiums. So treten in der Frühphase der Infektion bestimmte Antikörper vom Typ IgM auf, die unter anderem mit den Borrelien-Antigenen OspC, p4li und VlsE im Test reagieren. In der Spätphase dagegen treten vermehrt Antikörper vom Typ IgG auf, die mit den Antigenen p83/100, p58, p39, VlsE und DbpA reagieren.

Problematisch beim zweistufigen Vorgehen ist jedoch, dass der ELISA-Test und der Immunoblot zwei verschiedene Testmethoden sind, die durchaus unterschiedliche Ergebnisse liefern können. So kann es sein, dass Antikörper mit einem ELISA nicht entdeckt werden, sich aber im Immunoblot finden lassen, und umgekehrt. Empfehlenswert wäre es demnach, bei jedem Betroffenen beide Tests durchführen zu lassen.

Bei den indirekten Testverfahren sollte man außerdem auch beachten, dass Testergebnisse aus verschiedenen Laboratorien nicht miteinander verglichen werden können. Befunde aus unterschiedlichen Laboratorien sollten deshalb nur eingeschränkt miteinander verglichen werden.

Gelingt nicht immer: der direkte Erregernachweis

Theoretisch ist der sicherste Beweis einer Borrelieninfektion der direkte Nachweis der Bakterien in der Kultur oder der Nachweis von Borrelien-DNA. Praktisch lässt sich dies jedoch nur schwer durchführen, da die Bakterienkultur zum einen sehr komplex ist und nicht für die Routinediagnostik geeignet ist; zum anderen lassen sich die Bakterien nur zu Beginn der Erkrankung in ausreichender Menge aus der Haut isolieren.

In der Spätphase der Erkrankung ziehen sich die Borrelien an Orte im Körper zurück, aus denen man sie nur schwer isolieren kann. Gelegentlich lassen sich die Erreger in der Spätphase nur in der Gelenkflüssigkeit bei einem Befall der Gelenke oder im Liquor (Gehirnwasser) bei einem Befall des Rückenmarks und des Gehirns nachweisen. Ein positiver Erregernachweis kann deshalb zwar als Beweis für die Infektion angesehen werden, ein negativer Erregernachweis schließt allerdings nicht aus, dass eine Infektion vorliegt.

Untersuchungen des Gehirnwassers bei Neuroborreliose

Bei einem Befall des Nervensystems durch Borrelien (Neuroborreliose) kann im akuten Stadium der Erkrankung mithilfe eines Einstichs in den Rückenmarkskanal (Lumbalpunktion) Liquor entnommen werden. Hierdurch können entweder Borrelien-DNA oder weitere Hinweise auf eine Infektion mit den Bakterien gewonnen werden. So können eine erhöhte Zellanzahl, ein erhöhter Eiweißgehalt sowie borrelien-spezifische Antikörper im Liquor ein Hinweis auf eine akute Neuroborreliose sein. Das Fehlen dieser Hinweise bedeutet aber nicht unbedingt, dass keine Infektion vorliegt.

Weitere Methoden der Diagnostik

Zusätzlich zu den oben beschriebenen Methoden werden zurzeit unter anderem auch folgende weitere Testverfahren angeboten:

  • Lymphozytenaktivierungs- oder -transformationstests (LTT, ELISPOT)
  • PCR oder Antigennachweis aus Blut oder Urin
  • Direktnachweis von Borrelien aus Patientenmaterial mithilfe lichtmikroskopischer Techniken
  • Antikörpernachweis aus Immunkomplexen
  • Nachweis einer erniedrigten CD57-positiven Lymphozytenpopulation
  • Visual Contrast Sensitivity Test (VCS)

Allen diesen diagnostischen Testverfahren ist jedoch gemeinsam, dass aktuell noch nicht ausreichend Studien vorliegen, die einen tatsächlichen Nutzen zeigen konnten. Sie sind deshalb aus wissenschaftlicher Sicht noch nicht ausreichend erprobt und etabliert, um sie in der Diagnostik zum Nachweis einer Borrelieninfektion einzusetzen.

Behandlung

Die Therapie einer Borrelieninfektion sollte so früh wie möglich mit Antibiotika erfolgen. Auf diese Weise können der klinische Verlauf verkürzt und Komplikationen vermieden werden. Auch der Befall von Organen mit irreparablen Schäden des Nervensystems oder der Gelenke kann so verhindert werden. Doch selbst ohne die rechtzeitige Therapie zu Beginn der Erkrankung heilt die Lyme-Borreliose in einigen Fällen von selbst aus, sodass sie generell als eine Erkrankung mit guter Prognose angesehen wird.

Fallstricke der Antibiotika-Behandlung

Die Lyme-Borreliose wird mit Antibiotika behandelt. Die Art des Antibiotikums, die Behandlungsdauer sowie die Art der Einnahme hängen vom Stadium und der Schwere der Erkrankung sowie dem Alter des Betroffenen ab.

Wichtig ist es zu wissen, dass die Erkrankung im Spätstadium wesentlich schwieriger und langwieriger zu behandeln ist als im Frühstadium. Auch kann es vorkommen, dass ein Antibiotikum aufgrund von Resistenzentwicklung der Bakterien unwirksam ist und durch andere ersetzt werden muss, was den Therapieerfolg insgesamt noch weiter verzögert.

Weiterhin sollte noch beachtet werden, dass eine antibiotische Behandlung nur bei einem gut funktionierenden Immunsystem erfolgreich ist. Besteht eine Immunschwäche, so kann es auch hier zu Schwierigkeiten bei der Therapie kommen.

Therapie in der Frühphase

Symptome in der Frühphase der Erkrankung werden mit Doxycyclin, Amoxicillin oder Cefuroximaxetil behandelt. Die Behandlung sollte hierbei mindestens vier Wochen erfolgen. Tritt bereits früh in der Erkrankung eine Neuroborreliose auf, so werden intravenös die Antibiotika Ceftriaxon, Cefotaxim oder Penicillin G verabreicht.

Therapie in der Spätphase

Als Mittel der Wahl in der Spätphase der Erkrankung gilt die intravenöse Gabe des Antibiotikums Ceftriaxon über zwei bis vier Wochen. Bei Unverträglichkeit oder primärem Befall der Haut oder des Nervensystems können alternativ auch Doxycyclin, Amoxicillin, Cefotaxim oder Penicillin G zum Einsatz kommen.

Im Vergleich zur Behandlung der Borreliose in der Frühphase liegt die Versagerquote der Therapie in der Spätphase der Erkrankung mit etwa 50% um ein Vielfaches höher. Die Gründe für das schlechte Ansprechen der Antibiotikatherapie sind noch nicht ausreichend erforscht. Vermutet wird allerdings, dass Borrelien bestimmte Fähigkeiten erwerben, sich dem Immunsystem zu entziehen, beispielsweise durch die Ausbildung von biologisch wenig aktiven zystischen Dauerformen.

Außerdem besiedeln Borrelien bevorzugt wenig durchblutetes Gewebe wie z.B. Gelenkkapseln, Faszien oder Sehnen. Durch die geringe Durchblutung können sie die Antibiotika in diesen Geweben nicht ausreichend anreichern, weshalb die Therapie hierdurch erschwert wird.

Alternative Therapiemöglichkeiten

Momentan gibt es noch keine wissenschaftlich fundierten alternativen Therapiemöglichkeiten zur Behandlung mit Antibiotika. Betroffene können jedoch sicherlich die Wirkung von Antibiotika unterstützen, indem sie ihr Immunsystem stärken.

Ausreichend Schlaf, Sport sowie eine ausgewogene Ernährung können daher die Effizienz der Behandlung steigern. So konnte unter anderem auch gezeigt werden, dass sogenannte Mikronährstoffe wie z.B. Vitamine oder Mineralstoffe bei der Mikronährstofftherapie einen positiven Einfluss auf das körpereigene Immunsystem haben. Zusätzlich kann die Einnahme von Probiotika dem Schutz der Darmflora dienen und so das Risiko für eine antibiotikaassoziierte Durchfallerkrankung senken.

Vorsorge

Vorsichtsmaßnahmen

Obwohl das Immunsystem nach Kontakt mit Borrelien Antikörper produziert, hinterlässt die Infektion keine lebenslange Immunität und schützt deshalb nicht vor einer erneuten Ansteckung mit den Erregern. Auch gibt es derzeit noch keinen Impfstoff gegen Borrelien. Menschen, die in Risikogebieten in Europa leben, sollten sich aus diesem Grund stets um einen ausreichenden Schutz vor dem Überträger der Borreliose bemühen, dem gemeinen Holzbock.

Zur Vorsorge sollte daher der Aufenthalt in Gräsern und Gebüsch bis zu einer Höhe von 70 cm vermieden werden und Schutzkleidung getragen werden. Auch Insektenabwehrmittel können für eine gewisse Zeit Schutz bieten. Nach dem Aufenthalt im Freien sollte der Körper gründlich auf Zecken abgesucht werden.

So entfernen Sie die Zecke richtig

Bei einem Zeckenstich sollte die Zecke möglichst früh entfernt werden. Hierbei wird empfohlen, zunächst mit einer feinen Pinzette nahe an der Haut einen leichten Zug auf die Zecke ausüben. Die Zecke reagiert daraufhin meist damit, dass sie die Widerhaken ihres Stechapparates einzieht. Nach einigen Sekunden sollte man daraufhin erneut versuchen, die Zecke mit der Pinzette langsam aus der Haut zu ziehen.

Sowohl das Drehen der Pinzette, als auch das Verwenden von Öl oder Klebstoff haben sich dabei als nicht hilfreich erwiesen. Beim Drehen läuft man Gefahr, die Zecke nicht vollständig zu entfernen oder zu quetschen. Das Verwenden von Öl oder Klebstoff kann dazu führen, dass die Zecke vermehrt Speichel produziert oder sich erbricht. Da die Erreger der Borreliose sich im Darm der Zecke befinden, wird das Risiko einer Infektion bei diesem Vorgehen nur erhöht.

Nach dem Entfernen der Zecke sollte die Einstichstelle sorgfältig desinfiziert werden. Bleiben dennoch Reste der Zecke in der Haut zurück, sollte man die Einstichstelle über einige Monate gut beobachten. Entzündet sie sich oder bemerkt man eine Wanderröte, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Quellen:

  • Robert-Koch-Institut: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Borreliose/Borreliose.html (Stand: 02.10.2017).
  • Steere et al. Lyme borreliosis, Nat Rev Dis Primers. 2016 Dec 15;2:16090.
  • Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose. Leitlinien der Deutschen Borreliose-Gesellschaft e.V., Jena. Auflage: Mai 2011.
  • Lyme-Borreliose: Fallstricke bei Diagnose und Therapie. Deutsches Ärzteblatt. Perspektiven der Infektiologie 2015.
  • Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: www.lgl.bayern.de (letzter Aufruf: 03.09.2019).

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